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Haitis Regierungschef ist optimistisch

■ Honorat sieht veränderte US-Haltung/ Embargo wäre Katastrophe für importabhängiges Land

Port-au-Prince (afp/wps) — Haitis „provisorischer Ministerpräsident“ Jean-Jacques Honorat hat angekündigt, die USA rückten von ihrer Forderung nach einer Wiedereinsetzung des gestürzten Staatspräsidenten Jean Bertrand Aristide ab. Honorat äußerte sich am Montag vor dem Abgeordnetenhaus zufrieden darüber, daß das US-Außenministerium von der Rückkehr zu „demokratischen Normen“ gesprochen habe, ohne Namen zu nennen. Honorat lehnte einen Kommentar über Neuwahlen in dem Karibikstaat ab und kündigte an, er werde in Kürze eine vollständige Liste seiner „provisorischen Regierung“ bekanntgeben.

Honorat versicherte, das Wirtschaftsembargo, das die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verhängt habe, sei noch nicht wirksam geworden. Er hoffe, daß die internationalen Sanktionen aufgeschoben würden. Die haitianische Privatwirtschaft habe bereits zugesagt, seine Regierung zu unterstützen, Arbeitsplätze zu schaffen und von Schließung betroffene Betriebe wieder zu öffnen. Die UN-Vollversammlung hatte die internationale Staatengemeinschaft am Freitag aufgerufen, Druck auf die neuen Machthaber auszuüben und keine neue Regierung auf Haiti anzuerkennen.

Unterdessen war jedoch in der Hauptstadt Port-au-Prince zu erfahren, daß Soldaten am Sonntag die Häuser von zwei Vertretern der Privatwirtschaft des Landes, Leslie Delatour und Charles Clermont, durchsuchten. Delatour, der nach dem Sturz der Duvalier-Diktatur Finanzminister war, hatte mit Clermont kürzlich bei einer Tagung von Wirtschaftsvertretern einen Vortrag über die wirtschaftlichen Aussichten des Inselstaates gehalten. Dabei hatten beide ein düsteres Bild für die Zukunft gezeichnet, falls das von der OAS verhängte Wirtschaftsembargo gegen Haiti greifen sollte.

Haiti ist stark von Importen abhängig. Fachleute gehen davon aus, daß das Land ein wirksames Embargo nur wenige Wochen aushalten könne. „Es ist das schlimmste Szenario, das man sich für ein Land vorstellen kann, das sich noch nicht einmal selbst ernähren kann“, meinte der Besitzer eines Pharmaunternehmens in Port-au-Prince. In der US- Administration wird jetzt über Strafmaßnahmen debattiert, die nicht primär zu Lasten der armen Bevölkerung gehen, sondern wohlhabende Personen treffen, die den Putsch unterstützt haben. Diese Personengruppe erwägt daher bereits, im Falle eines Embargos das Land zu verlassen und in Miami auf bessere Zeiten zu warten. Die 33.000 bis 40.000 Arbeitskräfte in den betroffenen Importfirmen wären dann allerdings ihren Verdienst los. Bei einem täglichen Mindestlohn von drei Dollar gehören Hunger und Krankheit für die Bevölkerung in den Slums der Hauptstadt bereits jetzt zu den chronischen Alltagsproblemen.

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