: Weniger Geld für NS-Verfolgte im Osten
■ DDR-Pensionen für NS-Verfolgte sollen gekürzt werden/ Kein Geld für Erich Honecker
Bonn (dpa) — Die Bundesregierung will rund 10.000 in der DDR gewährte Ehrenpensionen für Verfolgte des Nationalsozialismus auf 750 Mark monatlich kürzen und damit in der Mehrzahl der Fälle halbieren. Außerdem sollen diese Pensionen, die in Ostdeutschland laut Einigungsvertrag bis Ende 1991 in alter Höhe gezahlt werden, bei Verstößen gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit aberkannt werden können.
Dem früheren DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker könnte so die Ehrenpension in Höhe von 1.700 Mark monatlich gestrichen werden, wenn entsprechende Überlegungen des Bundesarbeitsministeriums Gesetz werden. Gleichzeitig soll für solche Ostdeutsche, denen eine Ehrenpension vom SED-Regime verweigert worden war, eine Härtefallregelung geschaffen werden.
Nach Angaben des Parlamentarischen Staatssekretärs Horst Seehofer (CSU) haben die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP bereits grünes Licht für die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs gegeben. Um die Zustimmung der SPD bemühe man sich noch. Werde die DDR-Regelung nicht verändert, müßten die im Vergleich zu westdeutschen Zahlungen an NS-Opfer höheren Leistungen auch in den folgenden Jahren gewährt werden.
In den neuen Bundesländern werden derzeit 10.055 Ehrenpensionen wegen erlittenen NS-Unrechts gezahlt. Im Bundesetat stehen dafür in diesem Jahr 190 Millionen Mark bereit. Mit der geplanten Neuregelung würde diese Ausgabe halbiert. Zwei Drittel der Pensionäre erhalten als ehemalige „Kämpfer gegen den Faschismus“ monatlich 1.700 Mark, die übrigen als „Verfolgte des Faschismus“ 1.400 Mark.
85 Prozent der Bezieher sind älter als 70 Jahre. Die meisten von ihnen wären nach Seehofers Angaben auch nach westdeutschem Recht entschädigungsberechtigt gewesen. Keine Leistungen nach DDR-Recht erhielten nach seiner Darstellung solche NS-Verfolgte, die kein Wohlverhalten gegenüber dem SED-Regime zeigten. Einer Härtefallregelung für sie habe Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) im Grundsatz zugestimmt, sagte Seehofer. Wieviele Personen davon betroffen wären, sei nicht bekannt.
Nach westdeutschem Entschädigungsrecht beträgt die monatliche Durchschnittsleistung wegen gesundheitlicher Schäden durch NS- Verfolgung 750 Mark. Um den ostdeutschen Verfolgten neue Einzelfallprüfungen zu ersparen und den Aufbau einer neuen Bürokratie zu vermeiden, soll für Ostdeutschland eine pauschale Regelung von ebenfalls 750 Mark eingeführt werden. In Westdeutschland endete die Möglichkeit, Anträge auf monatliche Entschädigungsleistungen zu stellen, 1969. Danach wurden jedoch noch Härtefall-Fonds eingerichtet.
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