piwik no script img

Wenn der Lieblings-Partner nicht will...

■ Grüne Mitgliederversammlung votierte knapp für ein „Ausloten“ der Ampel-Koalition

Die Grünen haben sich mit knapper Mehrheit für ein „Ausloten“ der Chancen einer Ampel-Koalition entschieden, den Termin am Donnerstag nachmittag zusammen mit der FDP bei Wedemeier aber angesagt. Zunächst, so beschloß die grüne Verhandlungskommission selbstbewußt, soll es Gespräche mit der FDP geben.

Dem Beschluß für die Ampel war ein dreistündiges zähes Ringen um Argumente auf der grünen Mitgliederversammlung am Dienstag abend vorausgegangen.

„Der Liebhaber SPD hat zu uns gesagt: Mit Dir allein nicht“, so einfach und eindeutig versuchte die Grüne Landesvorstands- Sprecherin Marieluise Beck ihren ParteifreundInnen die Sachlage zu erklären. In einer Beziehung nehme man solche Erklärungen des Lieblings-Partners auch ernst. „Wir machen uns die Hände so oder so schmutzig“, meinte Beck. Wer nicht mit der FDP das Mögliche ausloten wolle, der habe eine große Koalition mitzuverantworten.

Es sei die „Stimme der grünen Freiheit“, wenn sich die Grünen jetzt von der „Zwangsheirat mit Rot“ befreien würden, widersprach Zoltan Szankay und warb für einen offensiven Umgang mit der entstandenen Situation.

„Wir sind für Rot-Grün gewählt worden“, erklärte Ortsamtsleiter Hucky Heck, Grüner ohne Parteibuch: „52 Prozent sind genug zum Regieren für Rot- Grün.“ Vor der Konsequenz dieser Haltung, die von SPD eine Revision ihrer Beschlüsse vom vergangenen Samstag verlangen würde oder eben nur den Ausweg die Großen Koalition zuläßt, scheute Heck allerdings zurück.

„Was sind die inhaltlichen Gründe für eine Ampel-Koalition?", fragte Karoline Linnert, die in die neue Bürgerschaft einziehen wird. Nur, daß Wedemeier das will?

„Rot-Grün hat in der Wahl an Basis verloren“, wandte Vorstandssprecherin Cäcilie Eckler- von Gleich ein. Von den Stimmen, die SPD verloren habe, sei kaum eine zu den Grünen gegangen, sondern alle nach rechts.

„Die Mehrheit der SPD boykottiert den rot-grünen Kurs“, warf Spitzenkandidatin Helga Trüpel ein. Es gehe jetzt darum, zu klären, „zu was die FDP bereit ist“, und „unsere Stärke auszureizen“: Auch in einer Ampel-Koalition bliebe die SPD auf die Grünen angewiesen, auf die FDP letztlich nicht.

Die Stimmung der Grünen Mitgliedschaft war gespalten an dem langen Dienstag abend. Mehr Applaus bekamen die RednerInnen, die an der alten Position „Rot- Grün“ festhalten wollten. Mehr Stimmen aber — 53 gegen 47 — bekam schließlich die von der Verhandlungskommission eingebrachte Erklärung, in der es heißt:

„Ob Ampel mehr bedeuten kann als faule Kompromisse und gegenseitige Blockade, kann nur durch Verhandlungen geklärt und öffentlich vermittelt werden. Wir schlagen vor, zunächst zweiseitige Gespräche zwischen Grünen und FDP zu führen, um gemeinsame Positionen abzustecken und die Differenzen auszuleuchten...“

Große Gemeinsamkeit versprach die Versammlung für den Fall, daß die Gespräche mit der FDP scheitern: Dann sei die verbleibende „Alternative Rot-Grün oder Große Koalition“ besser öffentlich zu erklären, dann müsse die SPD sich inhaltlich entscheiden. (s.a. Bericht Seite 6) K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen