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Wer will Thüringer Wald?

■ Treuhand bietet Teile des Waldes zum Verkauf an Prinz interessiert sich für früheren Fürstenwald

Erfurt (ap) — Eine Mitteilung der Berliner Treuhandanstalt hat viele Thüringer aufgeschreckt: Teile des Waldes, der ein Drittel des Bundeslandes in der Mitte Deutschlands bedeckt, sollen verkauft werden. Dabei handelt es sich um eine Gesamtfläche von etwa 94.000 Hektar ehemals volkseigenen Waldes, der zu DDR- Zeiten von den staatlichen Forstbetrieben bewirtschaftet wurde und den nunmehr die Treuhand verwaltet. Wie Axel Lötsch vom Thüringer Ministerium für Land und Forst sagte, hat das Land keinen Einfluß auf die Verkaufsverhandlungen. Derzeit werde eine Forstflächeninventur durchgeführt, deren Auswertung Monate dauern könne. Bisher sei noch kein Wald verkauft worden, betonte Lötsch. Unterdessen habe eine stattliche Reihe von potentiellen Käufern bereits großes Interesse an den Waldstücken im „Grünen Herzen Deutschlands“ bekundet. Für das größte Aufsehen sorgte Prinz Andreas von Sachsen-Coburg- Gotha. Der Prinz ist vor allem den Waldstücken zugeneigt, die sein Großvater, Herzog Karl Eduard, 1923 im Zuge der Fürstenenteignung an den Staat abtreten mußte. Das Gebiet umfaßt Bereiche um mehrere Höhenluftkurorte.

Nun grassiert Angst rings um die Oberhofer Höhen, so manches schöne Waldstück könne Spekulationen zum Opfer fallen und verlöre seinen Erholungswert — gerade zu einer Zeit, da der Fremdenverkehr allmählich wieder in Aufwind gerät. Vor allem ältere Mitbürger äußern die Befürchtung, nach dem Abreißen der Stacheldrahtzäune, die einst auch den Rennsteig zerschnitten haben, könnten nun Schilder mit der Aufschrift „Privatwald — Betreten verboten!“ für neue Verbitterung sorgen. Da von der Berliner Behörde bisher noch keine verbindlichen Auskünfte gegeben wurden, gehen Gerüchte um: Über zwanzig Bewerber, vorwiegend aus den alten Bundesländern, aber auch aus Österreich und Schweden, hätten ihre Kaufabsicht bekundet. Prinz Andreas von Sachsen-Coburg-Gotha solle dem Vernehmen nach das größte Stück, nämlich 20.000 Hektar Wald für nur 20 Millionen Mark erhalten. Der Ausschuß Landwirtschaft und Forsten von Oberhof habe aber den Wert dieses Waldgebietes auf 800 Millionen Mark geschätzt.

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