: Gemeinsame Haltung
■ Polnisches Parlament billigt Verträge mit Deutschland
Warschau (dpa) – Das polnische Abgeordnetenhaus (Sejm) hat am Freitag mit großer Mehrheit die deutsch- polnischen Verträge gebilligt. Damit ist der Weg für die Ratifizierung durch den Staatspräsidenten frei. Für den Vertrag über die Bestätigung der Grenze stimmten 262 Abgeordnete bei einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen. Sehr viel mehr Gegenstimmen und Enthaltungen gab es für den Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, der mit 182 gegen 26 Stimmen bei 60 Enthaltungen angenommen wurde. Zu Beginn der sehr lebhaften und kontroversen Debatte hatte Polens Ministerpräsident Jan Krzysztof Bielecki die historische Bedeutung der Verträge gewürdigt. „Erstmals in der neuesten Geschichte ist es Polen und Deutschen gelungen, in so vielen fundamentalen Fragen eine gemeinsame Haltung einzunehmen“, sagte er. Dies sei nur durch die Entwicklung der beiden letzten Jahre möglich geworden, „die den Polen Souveränität und Freiheit und den Deutschen die staatliche Vereinigung gebracht haben“. Die meisten kritischen Stimmen kamen von der rechtsnationalen „christlich-nationalen Vereinigung“ und der Bauernpartei. Dabei ging es vor allem um die nach Ansicht der Redner völlig unzureichende Lösung in der Entschädigungsfrage und den Verzicht der polnischen Regierung auf weitere Forderungen. Die noch lebenden mehr als eine Million Opfer des Nationalsozialismus wollten keine „Almosen“ und fühlten sich durch die für die Stiftung zur Verfügung gestellte Summe von 500 Mio. Mark in ihrer nationalen Würde verletzt, sagte ein Abgeordneter. Ein Entschließungsentwurf mit der Forderung nach Neuverhandlung der Entschädigungsfrage wurde von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt. Auf Kritik stieß auch die am Vortag im deutschen Bundestag beschlossene Entschließung mit dem darin geäußerten Wunsch nach einem Ansiedelungsrecht für Deutsche in Polen vor dem EG-Beitritt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Geremek, versicherte, viele Polen der älteren Generation in Polen könnten die Toten und Ruinen der Vergangenheit nicht vergessen, aber heute gehe es um die Zukunft, „um einen Platz für Polen in dem sich integrierenden Europa“.
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