Wolf und Seelig zurückgetreten

■ Fall Dirk Schneider war Auslöser für Rücktritt der beiden PDS-Fraktionsvorstandsmitglieder/ Heftige Debatten um Stasi-Vergangenheit/ Richtungsentscheidung auf dem kommenden Parteitag erwartet

Berlin. Die Auseinandersetzung um die Stasi-Tätigkeit ihres ehemaligen Abgeordneten Dirk Schneider hatte jetzt in der Abgeordnetenhaus-Fraktion der PDS personelle Konsequenzen. Die Abgeordneten Harald Wolf und Marion Seelig erklärten am Dienstag ihren Rücktritt vom Fraktionsvorstand. Wolf begründete diesen Schritt mit der mangelhaften Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit im Fall Schneider. Beide Abgeordneten hatten bereits kurz nach Bekanntwerden der Affäre vor zwei Wochen Schneiders Rücktritt von seinem Parlamentsmandat gefordert. Die Fraktion folgte zwar formal diesem Votum mit einer knappen Mehrheit, doch stimmte lediglich gut die Hälfte der Abgeordneten ab. Neben diesem Ergebnis nannte Wolf den Verlauf der internen Debatte über die Stasi-Tätigkeit als wesentlichen Grund für seinen Rücktritt. Bei den Diskussionen sei es zu »völlig unreflektierten Solidarisierungseffekten« für Schneider gekommen. Die öffentliche Auseinandersetzung um dessen Stasi-Mitarbeit sei zum Teil als Angriff auf die DDR bewertet worden. Der kritische Dialog in der Fraktion zwischen Mitgliedern aus der SED und solchen, die gegen die SED waren, sei, so Wolf, in der Krise. Er wolle diese Tatsache nicht mehr durch seine Tätigkeit im Vorstand decken.

Die Fraktionsvorsitzende Gesine Lötzsch zeigte Verständnis für den Schritt von Wolf und Seelig. Die Erwartung, daß eine politische Aufarbeitung erfolge, sei nicht eingetreten, vielmehr würde die Stasi-Tätigkeit als Problem von einzelnen behandelt. Trotz ihrer Unzufriedenheit denkt die Fraktionsvorsitzende jedoch nicht an einen Rücktritt.

Wolf und Seelig, die von der Westberliner Linken Liste und der Ostberliner Vereinigten Linken kommen, wollen vorerst weiterhin in der Fraktion verbleiben und eine Minderheitenposition einnehmen. Ihre weitere Perspektive hängt, nach Wolfs Worten, davon ab, welches Ergebnis der Landesparteitag der PDS am kommenden Wochenende bringt. Dort wird eine Grundsatzentscheidung über die zukünftige Richtung der Partei erwartet. Von dem sogenannten Strömungsflügel, dem Wolf und Seelig angehören, wird eine Entwicklung zu einer linken Oppositionspartei befürwortet. Gesine Lötzsch kritisiert diesen Ansatz als zu stark außerparlamentarisch und bewegungsorientiert. Die von ihr mitgetragene Gegenposition will die Interessen der »Normalbürger« miteinbeziehen und die Parlamentsarbeit stärker in den Vordergrund stellen.

Wie Wolf erklärte, wird die »Strömung« Konsequenzen ziehen, falls sie mit ihren Positionen unterliegen sollte. Seinen Rücktritt vom Fraktionsvorstand wollte er als entsprechendes Signal gewichtet wissen. dr