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Rassistisches Dorffest

■ Ein englisches Dorf will Roma-Nachbarn vertreiben

Dublin (taz) — Cleeve Prior, ein 400-Einwohner-Dorf in der englischen Grafschaft Worcestershire, ist seit Dienstag unabhängige Republik. Die Bewohner errichteten einen Schlagbaum, der von alten Frauen und einem Mann mit Muskete bewacht wurde. Die „Grenzposten“ verteilten Pässe an die EinwohnerInnen und Visa an die Durchreisenden. Der Laden neben dem Schlagbaum wurde zum „Duty Free Shop“. Auf dem Dorfplatz wurde eine rot-weiß- schwarze Flagge mit einem normannischen Schild gehißt und ein Pranger sowie eine Guillotine aufgestellt.

Was auf den ersten Blick eine typisch englische Skurrilität zu sein schien, war eine rassistische Demonstration. Die DorfbewohnerInnen wandten sich gegen die Weigerung der Grafschaftsbehörde, ein „Zigeunerlager“ am Ortsrand räumen zu lassen. Dort leben etwa 30 Fahrende. Einer von ihnen, John Johnson (50), sagte: „Ich bin im ganzen Land herumgekommen, aber diesen Haß gegen eine Rasse gibt es sonst nirgendwo. In sämtlichen Kneipen im Tal haben wir Hausverbot. Unsere Kinder dürfen nicht in die Schule, weil sie angeblich Krankheiten verbreiten.“ In der Nacht zum Sonntag hätten in Laken gehüllte Leute auf einem Feld Kreuze verbrannt. „Seit diesem Ku-Klux-Klan-Schauspiel trauen sich die meisten kaum noch aus ihren Wohnwagen.“

„Wir wollen nicht, daß die Fahrenden das persönlich nehmen“, sagte Les Evans, einer der Initiatoren der Unabhängigkeitserklärung. „Wir sind einfach gegen die Schlamperei der Behörden.“ Sein rassistischer Bundesgenosse Tony Callaghan fügte hinzu: „Wir werden von Zigeunern überschwemmt. Wir haben nichts gegen eine bestimmte Anzahl von ihnen, aber genug ist genug.“ Hughie Smith, Vorsitzender des Nationalen Rats der Fahrenden, interpretiert: „Viele der Dorfbewohner, die hohe Hypotheken aufnehmen mußten, scheinen neidisch auf die Zigeuner und deren Freiheit der Straße zu sein.“ Raso

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