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Nahostkonferenz scheidet die Geister

■ Palästinenser legen Namensliste für Madrid vor/ Radikale und Fundamentalisten rufen Generalstreik aus/ Arabische Außenminister in Damaskus/ Agitation gegen die Konferenz auch in Teheran

Tel Aviv/Damaskus/Teheran (taz/ afp) — Deutlicher konnte die Spaltung der Palästinenser in den besetzten Gebieten gegenüber der Nahost- Friedenskonferenz in Madrid kaum zum Ausdruck kommen: Radikale und fundamentalistische Palästinensergruppen bliesen gestern zum Generalstreik, nachdem Persönlichkeiten im Umfeld von Yassir Arafats Al Fatah und der Kommunistischen Partei am Vorabend ihre Liste von Delegierten und Beratern für Madrid veröffenlicht hatten (siehe Kasten).

Die Vorstellung der palästinensischen Vertreter im Ostjerusalemer Al Hakawati-Theater fiel nach der Kritik der Konferenzgegner in den letzten Tagen nüchtern bis defensiv aus. Der Leiter der Beratergruppe, Faisal al Husseini, wies darauf hin, daß alle anderen Beteiligten die Einladung zur Konferenz angenommen hätten: „So bleibt den Palästinensern keine andere Wahl. Sie müssen ja sagen.“ Der Delegierte Sari Nusseiba gab zu, daß man in die Verhandlungen gehe, „ohne etwas erreicht zu haben — weder das Recht auf Selbstbestimmung oder Ostjerusalem, noch die Unterbrechung der Siedlungstätigkeit.“ Sari Nusseiba sagte weiter: „Und weiter heißt es ,Nein zur PLO‘. Es besteht kein Zweifel daran, daß im Rahmen der Konferenz keine Lösung möglich ist und keine Abkommen geschlossen werden können. Aber die Tatsache, daß die Palästinenser teilnehmen und dies in Israel für Verblüffung sorgt, könnte die Lage ändern und in Zukunft zu günstigeren Verhandlungsmöglichkeiten führten.“

Die israelische Regierung ist nach einem Bericht der 'New York Times‘ sehr beunruhigt über die Entsendung eines palästinensischen Beratergremiums. Seine Mitglieder leben in Ostjerusalem oder stehen in einer Verbindung mit der PLO — beides Kriterien, die den israelischen Bedingungen für die offiziellen Delegierten widersprechen. Das Gremium soll den Kontakt zwischen der Delegation und einer weiteren Abordnung der PLO aus Tunis halten. Ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte hinsichtlich der israelischen Befürchtungen: „Es steht den Delegationen unserer Ansicht nach frei, zu konsultieren, wen sie wollen.“ Die Berater seien keine Delegierten, erhielten keine entsprechenden Beglaubigungsschreiben und nähmen nicht an der Konferenz teil.

Die arabischen Konferenzteilnehmer — die Außenminister Syriens, Ägyptens, des Libanons und der PLO — trafen sich gestern in Damaskus, um ihre Position zu koordinieren und damit Separatabkommen mit Israel zu verhindern. Zur Debatte steht auch die regionale Konferenz und der Ort, an dem die bilateralen Gespräche stattfinden sollen.

Die Gegener der Konferenz außerhalb der besetzten Gebiete, die — in ähnlicher politischer Konstellation wie dort — am Wochenende in Teheran getagt hatten, sprachen in einem Schlußkommunique vom Dienstagabend von einer „Fortsetzung des schmachvollen Abkommens von Camp David“, des israelisch-ägyptischen Separatfriedens. Die moslemischen Länder sollten „ständige militärische Einheiten“ für die „Befreiungsarmee von Al Qods“ (Jerusalem) bilden und sich aktiv an dem islamischen Feldzug beteiligen. An der Veranstalung nahmen vor allem fundamentalistische und radikale palästinensische Gruppen teil, die ihre Basis in Syrien oder dem syrisch besetzten Teil des Libanon haben. Sollte die Konferenz in Madrid erste Erfolge zeigen, dann dürfte den Herrschern in Damaskus kaum daran gelegen sein, daß diese Gruppen von der Agitation zur Aktion schreiten.

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