: Niedersachsen hält nichts von Sammellagern
Flüchtlinge sollen während des Asylverfahrens weiterhin in Wohnheimen mit maximal 150 Plätzen untergebracht werden ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Auf die Wohn- und Lebenssituation von Flüchtlingen in Niedersachsen wird der Bonner Vier-Parteien-Beschluß zum Asylverfahren keine Auswirkungen haben.
Dies hat der niedersächsische Bundesratsminister Jürgen Trittin gestern gegenüber der taz bekräftigt. Um Flüchtlinge während des Asylverfahrens unterzubringen und zu betreuen, werde Niedersachsen weiterhin Wohnheime mit einer Kapazität zwischen dreißig und 150 Plätzen einrichten, sagte der Minister der Grünen.
Das Programm zur Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnheimem sei bereits vor einem Jahr nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen begonnen worden und werde unbeeinflußt von den Bonner Sammellager-Plänen fortgeführt. Großlager, die nur der Abschreckung dienen sollten und aus denen direkt abgeschoben werden könne, würden auch in Zukunft in Niedersachsen nicht errichtet, erklärte Trittin. Solche Einrichtungen zur Kasernierung von Asylbewerbern förderten nur die Fremdenfeindlichkeit und führten zu Konflikten mit den Kommunen, auf deren Gebiet sie eingerichtet würden, betonte Trittin.
Demgegenüber würde Niedersachsen Wohnheime nur nach Absprache mit den Kommunen einrichten und diese dadurch bei der Unterbringung von Flüchtlingen entlasten.
Im Zuge seines Wohnheimprogramms hat das niedersächsische Bundesratsministerium bisher bereits 1.400 Plätze für Flüchtlinge geschaffen, bis Ende 1992 sollen weitere zweitausend Plätze hinzukommen. Die drei Kasernen, die der Bund jetzt der Regierung Niedersachsen in den Städten Hannover, Celle und Wolfsburg zur Einrichtung von Großlagern zur Verfügung stellen will, prüft das Bundesratsministerium gegenwärtig auf ihre Eignung als Flüchtlingswohnheime.
Der Sprecher des Bundesratsministeriums wies gestern darauf hin, daß sich das Land Niedersachsen in der Vergangenheit mehrfach vergeblich um Gebäude des Bundes bemüht habe, um darin Flüchtlinge unterzubringen. Allerdings könnten auch in den Kasernen nur Wohnheime eingerichtet werden, die den seit Frühjahr geltenden niedersächsischen Richtlinien für die Unterbringung von Flüchtlingen entsprächen.
Neben einer Zahl von dreißig bis 150 Wohnheimplätzen sei in diesen Richtlinien auch die Ausstattung der Wohnheime festgelegt und auch, daß für jeweils maximal 75 Flüchtlinge ein Sozialarbeiter zur Betreuung zur Verfügung stehen müsse.
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