PDS will sich wieder auf Kurs bringen

■ Parteitag soll über Strategie entscheiden/ Radikale Opposition oder Parlamentarismus?

Berlin. Heftige Konflikte zwischen der eher traditionell orientierten Mehrheitsströmung und den sogenannten Reformern — das erwarten alle Beteiligten auf dem PDS-Landesparteitag, der heute und morgen über den künftigen Kurs der Partei entscheiden soll. Neben der Wahl eines Nachfolgers für den im August zurückgetretenen Landesvorsitzenden Wolfram Adolphi werden sich die Delegierten mit zwei konkurrierenden »Strategieparteien« für die künftige Arbeit der Partei befassen müssen.

Ein Bekenntnis zu einer radikalen Oppositionsstrategie wird in dem Antrag der stark von den Reformern beeinflußten »AG Strategie« des Landesverbands gefordert. Im Mittelpunkt stehen müsse der »Widerstand« gegen das »Reichs-Haupt- Stadt-Konzept« von Bundesregierung und Senat sowie eine Absage an die von der PDS bisher unterstützten Pläne für Olympische Spiele in Berlin. »Vorrangige Aufgabe« auch der PDS-Abgeordneten in den Parlamenten müsse es sein, »außerparlamentarische Aktivitäten und Initiativen zu unterstützen«. Die PDS, so heißt es in dem Antrag weiter, strebe »nicht an, Regierungs- oder Koalitionspartei« zu werden.

Für die Nutzung aller »tatsächlichen Möglichkeiten des bürgerlichen Parlamentarismus« plädiert ein Gegenantrag, der von Ex-Parteichef Adolphi, dem amtierenden Landesvorsitzenden Peter Zotl und Fraktionschefin Gesine Lötzsch unterzeichnet ist. In den Vordergrund stellen sie die Interessen »vor allem der Arbeiterinnen und Arbeiter«, die ebenso wie die Forderungen »anderer« Arbeitnehmer aber auch »Selbständiger« gegen die »Interessen des Großkapitals« durchgesetzt werden müßten. »Schwerpunktfelder« sollten das Recht auf »Erwerbsarbeit« und »sozial verträgliches Wohnen« sein.

Daß ein Kompromiß zwischen beiden Anträgen gefunden wird, gilt als unwahrscheinlich. Sowohl die Reformer wie der Kreis um Zotl halten die beiden Anträge für »inkompatibel«. Auch der Landesvorstand habe sich am Mitwoch »einmütig« dafür ausgesprochen, die Anträge alternativ abstimmen zu lassen, sagte Zotl der taz. Der Ausgang dieser Abstimmung ist nach Ansicht führender Parteimitglieder durchaus »offen«.

Als sicher gilt hingegen die Wahl des stellvertretenden PDS-Bundesvorsitzenden Andre Brie zum Berliner Landesvorsitzenden. Er ist, wie berichtet, der einzige Kandidat für das Amt. Der 41jährige, der als theoretischer Kopf seiner Partei gilt und auch schon als Gysi-Nachfolger im Gespräch war, wird im Berliner Landesverband als Kandidat der Mehrheitsströmung um Zotl gehandelt. Er habe selbst »sehr intensiv« auf Brie »eingewirkt«, um ihn zu der Kandidatur zu bewegen, bestätigte Zotl der taz. Der als »Erneuerer« geltende Brie habe den Vorzug, daß er nicht in die heftigen Konflikte zwischen den Flügeln innerhalb des Landesverbandes verstrickt sei. Die Reformer bringen Brie trotz seines reform- orientierten Rufes zwar Mißtrauen entgegen, haben aber darauf verzichtet, einen Gegenkandidaten zu präsentieren. hmt