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Stolperig, rustikal, herzwarm

■ „Rose Bernd“, die Kindsmörderin von Gerhard Hauptmann, auf Platt bei Waldau

Jochen Altenburg, Marianne Staudacher

Längst hat das Deutsche Theater seinen Gerhard Hauptmann dem Hannele auf Himmelfahrt nachgeschickt: Der große Meister des auf die Bühne gebrachten Kolportageromans taucht auf den Spielplänen einfach nicht mehr auf — und wenn überhaupt, dann im Ernst Waldau-Theater zu Bremen und dort op Platt.

„Rose Bernd“ war diesmal angesagt, in der niederdeutschen

Foto:

Mann und

blonde Frau

Übertragung von Berni Kelb, der übrigens wieder mit Oberammergau-Bart über den Findorffer Wochenmarkt radelt und als barfüßiger Prophet in Erscheinung tritt. Dennoch hat er sich genügend Hitze bewahrt, um einen ausgesprochen herzblut-warmen Text zu schreiben, der stets auf der melodramatischen Höhe des hochdeutschen Originals ist. Michael Scheidl aus Frankfurt hat die Geschichte der Kindsmörderin im Spannungsfeld einer bigotten Ländlichkeit mit erheblichen Streichungen inszeniert und das Ausweglose der Entwicklung dadurch noch deutlicher und in jeder Phase erahnbar gemacht.

Allerdings scheint es zwischen ihm und dem Ensemble vom plattdeutschen Strand zunächst einige Verständigungsschwierigkeiten gegeben haben, denn in der ersten halben Stunde stolpern die Darsteller derart plump über die Bühne, als ob die Speeldeel ihr Schulungsprogramm für Sketche zum Feuerwehrball durchzieht. Auszunehmen ist hier lediglich Horst Arenthold in seiner Paraderolle als Maschinist Streckmann: Ein rabiater Springinsfeld ohne jede Moral, für den der Schritt von Anmache zu Erpressung und Vergewaltigung denkbar leicht ist. Zunehmend besser ins Spiel kommt nach den allzuplumpen Auftakt-Szenen auch Jochen Altenburg als spießbürgerlicher Schwängerer, und Marianne Staudacher erreicht in der Titelrolle zumindest nach der Pause erschütternde Intensität.

Als ihr Bühnenvater Bernd agiert Wolfgang Klemet mit biederem Frömmlertum , das von Thomas Fenkl in der Rolle des aus gutem Grund ob seiner Stieseligkeit ungeliebten Traktatverteilers August Keil noch in die eifernde Groteske des einsamen Sinnsuchers übersteigert wird. Rustikale Bosheiten geben Kurt Erfurt, Kurt Lander und Ingeborg Heydorn als klatschende Tagelöhner dazu, und Dorothea Dröge ist die betrogene Ehefrau Flamm im Rollstuhl, die trotz alledem ihr großes Herz für die sündenfällige Rose Bernd schlagen läßt.

Die niederdeutsche Bearbeitung schafft eine Verfremdung, die den Stoff weitgehend frei von Peinlichkeiten hält. Eine interpretierende Aktualisierung des Stücks konnte man sich ersparen, denn das betroffen mitgehende Publikum des Ernst Waldau-Theaters ist noch nicht zu fern von den dargestellten Konfliktlagen: Meine Stuhlnachbarin beriet sich immer wieder angeregt mit ihrer Freundin über Analogien zum Bühnengeschehen aus der prallen Wirklichkeit des Landkreis Verden. Das Fremde beginnt im Nahverkehrsbereich... UrDrü

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