: DIE FÜNFTE GEWALT - WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL: Wirtschaftswoche/Spiegel/Capital
Die Wirtschaftswoche sorgt sich um die „finanzielle Belastung der Landkreise“, die durch Heerscharen von schmarotzenden Asylbewerbern völlig überfordert sind. Also empfiehlt es sich, die „finanziellen Anreize“, die diese schwarzhaarigen Heuschrecken- Schwärme aus den Hinterhöfen der Weltpolitik zu uns treiben, zu mindern: „Mit dieser Forderung liegt Heisemann genau auf der Linie von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und von Nordrhein-Westfalens Sozialminister Herbert Heinemann, der erst vor wenigen Wochen eine Kürzung der Sozialhilfe für Asylbewerber angemahnt hatte.“ Diese Anmahnung erfolgte wahrscheinlich zeitgleich mit der Diäten-Debatte von Bonner Politikern, deren Hang zum Zugreifen derzeit noch nicht unter Strafe gestellt ist — auch das unterscheidet sie von den ungeliebten Fremden: „Weit überdurchschnittlich vertreten sind Ausländer bei Taschendiebstählen (69,8 Prozent der Delikte), Urkundenfälschung (55,6 Prozent), Falschgelddelikten (54,4 Prozent) und schwerem Ladendiebstahl (46,9 Prozent).“ Deutlich unterdurchschnittlich vertreten sind die Kümmeltürken, Knoblauchfresser, Itaker, Schlitzaugen, Ofenrohre und Dachpappen dagegen bei Verstößen gegen die Export-Beschränkungen von Kriegswaffen, bei schweren Umweltdelikten sowie bei der aktiven Abgeordneten-Bestechung. Letzteres Versäumnis wird besonders übelgenommen. Zumal ein Abgeordneter der bürgerlichen Koalition auch kein Verständnis dafür aufbringen kann, wenn ein Fremder der deutschen Oma an die Handtasche will. Das ist schließlich immer noch das Privileg des deutschen Finanzministers.
Auch Johannes Gross, Herausgeber von Capital (hier in der gutbürgerlichen Schreibweise mit C), ist ein Asylanten-Freund von echtem Schrot und Korn: „Dieses echte Asylrecht ist im demokratischen Deutschland nie im Zweifel, nie in Gefahr gewesen. Weder Lew Kopelew noch Ota Sik, noch irgendein anderer von den Kommunisten verfolgter Intellektueller hat je ,Asylantenhaß‘ zu spüren bekommen.“ Und jene, die aus dem Stadion in Santiago de Chile (einst) oder aus der pazifistischen Musterdemokratie Türkei (aktuell) kamen und kommen, können nach Gross'scher Logik nun mal keine politisch Verfolgten sein — an der dortigen Macht waren oder sind keine kommunistischen Regime/Machthaber/Diktatoren (bitte der aktuellen Litanei anpassen).
„Franzosen und Engländer würden Politiker davonjagen, die das ganze Volk wegen der Ausschreitungen gegen Einwanderungssuchende der ,Ausländerfeindlichkeit‘ bezichtigten.“ Solch fröhliches Politiker- Jagen ist in Deutschland nicht notwendig, denn hier bezichtigen die Regierenden und Mächtigen niemanden der „Ausländerfeindlichkeit.“ Und warum soll sich jemand wie beispielsweise der CDU-Generalsekretär Rühe darüber aufregen, wenn seine wahltaktischen Rechnungen aufgehen?
Der eine ein Schreibtisch-, der andere ein Überzeugungstäter. Edmund Stoiber im Spiegel-Interview: „Ich muß nachher in Bayern für den Vollzug sorgen. Das alles nur, weil nicht zwei, drei Sätze ins Grundgesetz geschrieben werden können.“ Zwei, drei Sätze? Manche Todesurteile kommen mit noch weniger Worten aus.
Steinbach ahnungsvoll: Wenn Stoiber Vollzug meldet, fahren Abgeschobene wieder in vollen Zügen. In Güterwagen.
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