: Streit um Aussiedler
Frankfurt/Bonn (ap/dpa) — Die Debatte um eine Änderung des Asylrechts wird jetzt von einem Streit über die Zuwanderung deutschstämmiger Aussiedler aus Ost- und Südosteuropa überlagert. Die CSU wies Äußerungen des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Gerhart Baum zurück, der eine Änderung des Artikels 116, der unbeschränkte Aufnahme von Aussiedlern ermöglicht, im Grundgesetz nicht mehr ausschließen wollte.
Der SPD-Politiker Oskar Lafontaine begrüßte den Vorstoß: Damit trüge man der Tatsache Rechnung, daß unter den Zuwanderern die Aussiedler die meisten seien. Nur wenn der Zustrom der Aussiedler durch eine Kriegsfolgen-Abschlußgesetzgebung abgebremst werde, könne es zu einer Entlastung kommen.
Der Aussiedlerbeauftragte, Horst Waffenschmidt, nannte als Ziel der Bundesregierung, allen Deutschen eine Chance zum Verbleib in ihrer angestammten Heimat in Osteuropa zu geben. Mit einem umfangreichen Hilfsprogramm wolle die Bundesregierung versuchen, die Lebensverhältnisse in den entsprechenden Ländern selbst zu verbessern.
Die saarländische CDU forderte auch vor dem Hintergrund der Asyldiskussion mehr Hilfe für die ärmeren Länder in Osteuropa und der dritten Welt. Der brandenburgische Ministerpräsident Stolpe sprach sich für den Schuldenerlaß für die dritte Welt aus, um einem weltweiten Flüchtlingsproblem entgegenzutreten. Auch Hans-Peter Repnik aus dem Entwicklungsministerium forderte die deutschen Banken auf, den höchstverschuldeten Ländern die Schulden zu erlassen. Bundesumweltminister Töpfer sagte, eine glaubwürdige Asylpolitik müsse an den Ursachen ansetzen, und warnte vor einer weltweiten Armutsbewegung. Er fügte hinzu: „Ich wende mich dagegen, von Wirtschaftsasylanten zu sprechen. Es ist pharisäerhaft, unseren Wohlfahrtsstaat abzuschotten.“
In Wiesbaden demonstrierten am Samstag fast 3.000, in Kassel rund 5.000 und in Freiburg etwa 6.000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse sagte, wenn der Preis der deutschen Einigung Nationalismus und ein Klima der Ausgrenzung sei, „dann war die deutsche Einheit falsch“. Bundesjustizminister Klaus Kinkel erklärte, Strafe allein sei nicht die richtige Antwort auf Gewalt gegen Ausländer. Es gehe darum, in einer gemeinschaftlichen Anstrengung die sozialen Ursachen für das gewalttätige Verhalten Jugendlicher zu beseitigen.
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