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Auflodernder Haß war absehbar-betr.: Anschläge auf AusländerInnen

betr.: Anschläge auf AusländerInnen

Dieser auf einmal auflodernde Haß auf alle AusländerInnen war doch absehbar! PolitikerInnen und Medien haben die sowieso vorhandenen Ressentiments hochgepeitscht, indem sie „Scheinasylanten“ angeprangert haben, als sei es ein Zeichen besonderer Hinterhältigkeit, vor wirtschaftlichem Elend und politischer Unterdrückung zu fliehen. Wer in dieser überfütterten Gesellschaft kann sich denn vorstellen, was es heißt, für sich und seine Familie keine Überlebenschancen zu sehen, wer kann es sich erlauben, Menschen zu diffamieren, die „nur“ aus wirtschaftlichen Gründen kommen?

In den meisten Fällen lassen sich wirtschaftliche Not und politische Unterdrückung gar nicht trennen. Ich kenne einen Tamilen aus Sri Lanka, der hier abgelehnt worden ist, weil seine Flucht angeblich keine politischen Ursachen hatte. Er besaß in Sri Lanka eine Druckerei. Ihm wurde im Zuge des Bürgerkriegs sowohl von seiten der Regierung als auch von seiten der tamilischen Rebellen mit Ermordung gedroht, falls er es wagen sollte, Materialien für die jeweils andere Seite zu drucken. Diese politische Situation seines Landes war also dafür verantwortlich, daß er seine materielle Existenz nicht mehr sichern konnte und sich entschloß zu fliehen. Wie kann man hier politische und wirtschaftliche Probleme voneinander trennen?

Auch in der Bundesrepublik werden doch politische Entscheidungen Hand in Hand mit wirtschaftlichen getroffen. Wie ist es sonst zu erklären, daß IranerInnen nur noch selten als politische Flüchtlinge anerkannt werden, seit Rafsandschani den Iran außenpolitisch und auch wirtschaftlich wieder geöffnet hat? Die Bundesrepublik war immer ein beliebter Handelspartner des Iran. Nur auf die neugeknüpften wirtschaftlichen Kontakte ist es zurückzuführen, daß Genscher bei seinen Besuchen in Teheran nicht mehr von Menschenrechten reden möchte und daß IranerInnen hier immer seltener anerkannten Schutz vor politischer Verfolgung finden. Und verfolgt werden Oppositionelle auch unter Rafsandschani...

Wer in der Welt Probleme schafft, sei es durch Desinteresse an der Menschenrechtssituation oder durch legalen und illegalen Waffenhandel, der muß damit rechnen, daß die Betroffenen der Welt kommen und Schutz und Hilfe verlangen. Solange unsere Regierung am Prinzip der eigennützigen Entwicklungshilfe und am kurzsichtigen Opportunismus in allen internationalen Fragen festhält, müssen wir uns damit abfinden, daß unser Land von „Scheinasylanten überflutet wird“. Seit Hoyerswerda schwimmen nun die Deutschen auch in diesen Fluten wieder oben... Antje Frank, Hamburg

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