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Der Preussen-Blues

■ In der Eishockey-Bundesliga unterliegen die Berliner Preussen den Bayern aus Rosenheim mit 1:3

Die Gäste vom Sportbund Rosenheim hatten sich um ganze 14 Tage verspätet. So jedenfalls sahen es die Fans des Eishockey-Bundesligisten BSC Preussen vor dem Schlagerspiel am Sonntag in der Hauptstadt. „Wären die vor zwei Wochen gekommen“, prustete einer für alle schwarz-weiß-roten Schalträger vor der dichtbelagerten Eissporthalle Jafféstraße, „dann hätten wir sie vom Eis gefegt.“ Ja, damals, da flutschte der Puck des aktuellen Tabellendritten aus Berlin nur so durch des Gegners Reihen, daß selbst die um einen Platz besser postierten Bayern in Kondensstreifen gehüllt worden wären.

Aber nach den schwächeren Heimpartien der jüngsten Vergangenheit hat Preussens Gloria offensichtlich eine Auszeit genommen. Heimtückisch wie Granulat unter den Kufen haftet den Einheimischen die Grippe an. Wer von den Jaffé-Jungs noch wohltemperiert zum Match erschien, durfte sich ein Trikot überstreifen.

„Die Heavy-Metal-Band“ des BSC-Trainers Graig Sarner probte vorsichtshalber den Blues, auch wenn ausgerechnet Rosenheims Kapitän Ernst Höfner Dur anstimmte. Ihr seid wie wir — munterte Höfner die Sarner-Schützlinge im Vorfeld des Schlagers auf: eine Spitzentruppe, die sich ernsthafte Sorgen um die Organisation einer Meisterfeier nach Ablauf der Saison 1991/92 machen muß. Die Gastgeber legten los, daß vor allem der abwesende Bundestrainer Ludek Buchac seine helle Freude gehabt hätte — mit kanadischer Härte und aggressivem Zweikampfverhalten.

Jano Starsi, der slowakische Trainer der Oberbayern, hatte seinen Rosenheimern eingebleut, wie man dem preußischen Kufenstakkato beikommen könne. Mit blitzschnellen, fast körperlosen Kombinationen und direktem Zuspiel nahmen sie den Berlinern den Raum für ihr gewohntes Powerplay. Auch wenn die Eingeborenen in der zehnten Minute durch den auf und davon gegangenen Chris Palmer 1:0 führten, wußten die Gäste geschickt zu kontern. Nur vier Minuten später gelang dem kleinen Dale Derkatch der verdiente Ausgleich.

Zu diesem Zeitpunkt mußte Bayern-Coach Starsi bereits auf sein Sturmas Grodon Sherven verzichten, der sich an der Schulter verletzt hatte. Doch auch die verbliebenen drei Sturmblöcke reichten den Gästen, um immer wieder gefährliche Konter vor das BSC- Tor zu tragen. Fünf Minuten waren im zweiten Drittel absolviert, da nutzte Vanci Sebek die Strafzeit eines Preussen aus und erzielte für die zahlenmäßig überlegenen Sportbündler das verdiente 1:2.

Wütende Torversuche des BSC waren die Folge. Aber selbst die besten Einschußmöglichkeiten machte Karl Friesen, der gläubige Christ im Rosenheimer Tor, zunichte. Ob gegen Holzmann, Preuss, Kammerer oder Schinko — Friesen war stets mit Fanghand, Beinschoner oder Brustpanzer zur Stelle. Auf der anderen Seite wollte Torwart Klaus Mark seinem Kollegen nicht nachstehen und vereitelte gegen Höfner, Reil oder Vogel eine frühzeitige Entscheidung.

So blieb es dem Berliner Trainer Craig Sarner vorbehalten, für reinen Tisch zu sorgen. 80 Sekunden vor Toresschluß nahm er Klaus Mark vom Feld und ersetzte ihn durch einen zusätzlichen Feldspieler. Zu früh — wie viele meinten. Prompt lief die Nummer sieben im grünen Rosenheimer Trikot, Richard Pohl, in einen dummen Preussen-Querpaß und schaufelte den Puck ins gottverlassene Tor. 52 Sekunden vor Ultimo war dies selbstredend der Schlußpunkt einer Begegnung, die nicht die erwartete Spitzenqualität brachte.

Rosenheim setzt jetzt allein die Jagd auf Spitzenreiter Düsseldorf fort. An der Spree wiederum muß man nach hinten blicken, wenn man nach vorne schauen will. Immerhin heißen die nächsten Gegner Düsseldorf und Köln, und da sind bei ähnlichen Leistungen vier Minuspunkte drin. Jürgen Schulz

Tabelle: 1.Düsseldorf 33:3, 2. Rosenheim 31:5, 3. Berlin 27:9, 4. Köln 20:16, 5. Freiburg 18:18, 6. Krefeld 17:19, 7. Schwenningen 15:21, 8. München 14:22, 9. Mannheim 14:22, 10. Kaufbeuren 12:24, 11. Landshut 8:28, 12. Weißwasser 7:29.

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