Tour d‘Europe

■ Bart ab

Drei hartnäckige schwarze Haare links oberhalb der Lippe machen Anita zu schaffen. Jedesmal, wenn die kleinen Stoppeln zu sprießen beginnen, greift sie zur Pinzette und rupft sie weg — auch wenns weh tut. Übrig bleibt eine pflaumenweiche Gesichtshaut.

Die drei Stoppeln sind alles, was aus Anitas Kinderphantasie von einem behaarten Gesicht geblieben ist.

Rasierpinsel, Rasierseife und Rasiermesser im elterlichen Badezimmer beeindruckten sie nachhaltig. Bis heute findet sie, daß Rasierzeug „eine schöne Atmosphäre“ verbreitet.

Weiter geht ihre Sympathie für Gesichtsbehaarungen allerdings nicht. Bärte — egal ob voll oder partiell — findet Anita unangenehm. Eine Haltung, die viele Frauen mit ihr teilen. Anschauung am lebenden Modell hat frau ja genug.

Fast jede Frau hat auch schon einmal über die Konturen gerätselt, die sich hinter einem Rauschbart verbergen oder fühlte sich versucht, ein paar hängengebliebene Spaghetti aus einem Bartdickicht zu befreien. Zwangsläufig wird frau auf diese Art zur Bartspezialistin. Im Gespräch mit der taz sind fünf Frauen einmal um den Männerbart gegangen.

Vera findet Voll- und Walroßbärte und alle anderen flächendeckenden Varianten einfach „ekelhaft“, optisch unattraktiv und beim Küssen schmerzhaft. Wenn es sein muß, läßt sie gerade noch einen Schnurbart — „er muß aber gepflegt sein“ — durchgehen.

Inge findet alle Arten von Bärten „unmöglich“. Um Männer mit Bart macht sie einen großen Bogen.

Britta fand Vollbärte „schon immer abscheulich“ — selbst in den 70er Jahren, als noch jede Menge Freaks damit herumliefen. Anstatt, wie von ihren Trägern beabsichtigt, Männlichkeit auszustrahlen, wirken die haarigen Attribute nur langweilig auf sie. Eine gewissen Attraktivität billigt sie lediglich den Drei-Tage-Bärten zu: „Ein frischer Bart, wo alles sprießt, das ist interessant.“

Anita hat grundsätzlich etwas gegen Bärte. Ganz besonders unangenehm findet sie blonde Schnäuzer in hellen Gesichtern, „weil da der Kontrast fehlt“. Nur für einen Bartträger hat sie rückblickend Verständnis. Es handelt sich dabei um einen Verflossenen Liebhaber, den sie mit Bart kennengelernt hatte. Als er sich eines Tages rasierte, trat ein auffallend „fliehendes Kinn“ zutage: „Der Mann brauchte einfach einen Bart.“

Petra hatte auch mal einen Freund mit Vollbart. Und „das gefiel mir sogar“. Das ist allerdings lange her und heute fragt sie ernsthaft, warum sich Männer Bärte wachsen lassen. Obwohl „sie doch wissen, daß Frauen das nicht mögen“.

Auf die Frage wissen Frauen viele Antworten. „Ein Bart ist ein Zeichen von Faulheit und Bequemlichkeit. Es gibt Männer, die aufhören sich zu rasieren, sobald die Frau wegfährt“, meint Inge. „Männer wollen sich hinter dem Bart verstecken und ihr Gesicht nicht zeigen“, vermutet Anita. „Der Bart ist ein Versuch, das Tierische im Mann sichtbar zu kultivieren“, analysiert Britta.

Ein weiterer Erklärungsansatz versteckt sich im fünfbändigen Brockhaus. Da heißt es, der Bart sei der „wirkende Teil des Schlüssels“. Sollte sich das bei Männern auch nur ähnlich verhalten, ist verständlich, warum sich so viele so wenig rasieren. dora