: Moderation
■ Internationale Konferenzen und die UNO müssen regionale Konfliktlösungen forcieren
Moderation Internationale Konferenzen und die UNO müssen regionale Konfliktlösungen forcieren
Es sei bedauerlich, so der PLO-Führer Jassir Arafat, daß Israel keinen Politiker wie den südafrikanischen Staatspräsidenten Frederik de Klerk besitze. Der sei für Nelson Mandela der zentrale Gesprächspartner. Ein interessanter Vergleich, noch dazu ein aufschlußreicher. Vergleicht man Israel mit Südafrika — und bei beiden handelt es sich auch um regionale Krisengebiete —, so glaubte die weiße Minderheitsregierung am Kap nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation, ihren eigenen Weg gehen zu können: Ohne Vermittlung von außen — und erst recht nicht von den verhaßten Vereinten Nationen — hoffte man dort auf eine Lösung aus eigener Kraft. Nach nunmehr fast zwei Jahren versuchter, langsamer und doch immer wieder scheiternder Transformation und anhaltender, sich aus den alten Wunden speisender Gewalt ist man in Südafrika mittlerweile froh, daß die UNO langsam, aber stetig Einfluß nimmt und Prozesse, wie etwa die Rückkehr Exilierter, begleitet und überwacht. Allein, so ist die bittere Erkenntnis, lassen sich gesellschaftlicher Frieden und Wandel offenbar nicht bewerkstelligen. Es bedarf der „Moderation“ von außen.
Erinnert sei auch an das vergangene Woche unterzeichnete Friedensabkommen für Kambodscha: Es ist das ambitionierteste Projekt der UNO, soll sie doch sogar die Übergangsregierung stellen. Die UNO überwacht mittlerweile nicht nur freie und faire Wahlen in Namibia, Nicaragua oder Haiti, sie versucht auch Bürgerkriegsparteien wie im Fall von El Salvador oder Sudan und Westsahara an einen Tisch zu bekommen. Vielleicht wird sie sich bald auch des anhaltenden afghanischen Bürgerkrieges annehmen. Die Vereinten Nationen agieren äußerst dynamisch an der Schnittstelle von Friedenssicherung und Demokratisierung. Die Dekolonisierungsprozesse des 20. Jahrhunderts sind abgeschlossen. Nun gilt es die neuen Kriegsursachen, ethnopolitische Konflikte weltweit, zu vermeiden.
Im Falle der Nahostkonferenz ist von der UNO noch nicht die Rede. Vorerst gilt die Einberufung der Gesprächsrunde zu recht als Verdienst der USA. Doch auf Dauer — und wir befinden uns ganz am Anfang eines langfristig angelegten Dialogs — müssen möglicherweise auch hier neutralere Kräfte „moderieren“. Wenn über Frieden geredet wird, herrscht noch lange kein Frieden — sicherlich. Doch daß über ihn geredet wird, ist ein Meilenstein. Arafat und die Palästinenser jedenfalls können froh sein, daß es die Madrider Konferenz gibt. Ein de Klerk allein macht auch noch keinen Frieden. Andrea Seibel
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