EG droht Serbien Sanktionen an

■ Ultimatum bis zum 5. November/Augenzeugenbericht aus dem seit 29 Tagen belagerten Dubrovnik

Brüssel/Zagreb (ap/dpa/taz) — Die Außenminister der Europäischen Gemeinschaft haben sich am Montag abend nach zähen Verhandlungen zu einer Drohung durchgerungen. Falls die serbische Führung bis zum 5. November den auf der Haager Friedenskonferenz vorgestellten Friedensplan nicht akzeptiert, müsse sie mit Sanktionen rechnen. Im einzelnen sieht der EG-Plan die Anerkennung der einzelnen Republiken Jugoslawiens als völkerrechtliche Subjekte, internationale Schutzgarantien für die Minderheiten in den Republiken sowie die Nichtanerkennung gewaltsam durchgesetzter Grenzveränderungen vor. Falls Serbien weiterhin diese Übereinkunft ablehne, müsse — so der niederländische Außenminister und EG-Ratspräsident — über die Verhängung von Sanktionen nachgedacht werden. Vorstellbar sei ein Ende der Wirtschaftshilfen, ein Einfrieren der serbischen Auslandsvermögen oder gar ein genereller Öl- und Handelsboykott. Mehrere EG- Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, wollten bereits am Montag Sanktionen beschließen, doch sperrten sich offenbar hauptsächlich die Griechen gegen wirtschaftliche Druckmittel. Sie liefern jährlich rund 900.000 Tonnen Öl nach Jugoslawien und leiten auch sonst fast ihre gesamten Transporte durch den Vielvölkerstaat.

Auf einer erneuten Sitzung wollen die Außenminister der Europäischen Gemeinschaft am 4. November in Brüssel neue Vorschläge zur Beendigung des Bürgerkrieges in Jugoslawien machen. Am 5. November sollen dann die Präsidenten aller jugoslawischen Republiken und das gesamte Staatspräsidium des Vielvölkerstaates nach Den Haag eingeladen werden und dort unmißverständlich kundtun, ob sie den Friedensplan akzeptieren. Falls Serbien sein Veto aufrechterhalte, werde die Haager Konferenz ihre Arbeit trotzdem mit den fünf übrigen Republiken fortsetzen, kündigte van den Broek an. Mögliche Sanktionen könnten dann am 7. und 8. November in Rom beschlossen werden.

Die größte Oppositionspartei in Serbien, die nationalistische „Serbische Erneuerungsbewegung“ von Vuk Draskovic, hat erstmals das Vorrücken der Armee auf die kroatische Hafenstadt Dubrovnik verurteilt. „Jedem normalen Menschen ist klar, daß Serbien überhaupt keinen Grund hat, Dubrovnik zu erobern“, heißt es in einer Erklärung der Partei. Augenzeugen haben jüngst über umfangreiche Zerstörungen am 70 Kilometer langen Frontabschnitt nördlich und südlich von Dubrovnik berichtet. Die Armee hat inzwischen auf dem Luxushotel ,Belvedere‘, das ein Kilometer außerhalb der historischen Stadtmauer liegt, die jugoslawische Fahne gehißt. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur 'Associated Press‘ (ap) berichtet von Schäden in der historischen Altstadt, die von der Unesco zum schützenswerten Weltkulturdenkmal erklärt worden ist. Fünf Granaten seien am vergangenen Mittwoch eingeschlagen und hätten die Festung Revlin, das Rupe-Museum, die Synagoge und den Hafen beschädigt. Um die historische Substanz der Stadt zu schützen, haben die Bürger Dubrovniks neben den Monumenten Sandsäcke aufgeschichtet und Brettervorschläge um den Dom und das Museum gebaut.

In der rund 60.000 Einwohner zählenden Stadt leben an die 15.000 Flüchtlinge aus dem unmittelbaren Umland. Im städtischen Krankenhaus liegen 400 verletzte Kroaten, Nationalgardisten und Zivilisten, die sich an der Verteidigung der Stadt beteiligt haben. Nach Angaben der Ärzte sind bis jetzt 41 Menschen aufgrund der militärischen Offensive der Bundesarmee gestorben, darunter 21 Zivilisten. Die Stadt ist seit 29 Tagen ohne Strom und Trinkwasserzufuhr. Mit der Außenwelt ist sie nur noch über Satellitentelefone verbunden. Dubrovnik stinke entsetzlich, berichtet der ap-Korrespondent, da das Kanalisationssystem wegen Wassermangels nicht mehr funktionstüchtig sei. Pro Familie würden pro Tag viereinhalb Liter Wasser ausgegeben. Nach kroatischen Angaben wird die Stadt von 400 Nationalgardisten verteidigt. Ein Ultimatum zur Übergabe der belagerten Stadt hatten diese am späten Sonntag ignoriert. thos