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Koslowskis Gitta plaudert vom Sofa

Komm auf mein Sofa, Geliebter“, sag' ich zu meinem Freund aus dem Osten, und mißtrauisch schaut Schaller von seinem 'Neuen Deutschland‘ hoch, das er sich jetzt aus Trotz immer kauft, „als Soli-Beitrag“, wie er sagt, weil in Zeiten, in denen Zeitungen in Berlin gern am Abgrund taumeln, müsse man wenigstens die Zeitung mit dem besten Titel erhalten — und Schaller meint, er verstehe gar nicht, warum sich nicht taz und ND zusammentun, dann wären endlich alle vergessenen Altvorderen beisammen und könnten alle Sympathisanten in Ost und West bedienen. Argwöhnisch guckt er also, aber ich bemühe mich um mein liebenswürdigstes Gesicht und sage: „Schaller, vergiß jetzt mal den ganzen Kram, der dich belastet, von Roy Black bis Boy Biermann... — „Biermann, hör mir uff“, brüllt er da dazwischen, „der kriegt ne neu renovierte 140-Quadratmeter-Wohnung für 500 Mark am Prenzlberg, ne Riesensauerei...“ — „Vergiß es“, sag' ich, „heute ist der Tag der Wunschstunde, zumindest für alle Kelten und die's gerne sein wollen. Heute, am 1. November, ist nämlich das Samain-Fest, da öffnet sich vor den Augen der Eingeweihten das Engel-Land, die Seelen der Seligen steigen auf die Erde herab und verkehren mit den Menschen, die dann wiederum ihre geheimsten Herzenswünsche erkennen, anmelden und auch promptens positiv bedient werden...“ — „Du hast se doch nich mehr alle“, brummt Schaller würdevoll und liest den 27. Versuch eines Feuilletons, die Wahrheit über Sascha Anderson zu enthüllen. „Ihr kapiert hier einfach nichts, überhaupt nichts“, schreit er dann los, „während wir uns mit euren journalistischen Verhörkommandos rumschlagen müssen und selbst nicht mehr wissen, wo hinten und vorne, Freund oder Feind ist, dödeln Frauen wie du mit Ufos und Engeln rum.“ — „Wenigstens hat mich darüber noch nie ein Staatsagent befragt“, zische ich schnippisch zurück, „und wenn deine Leute auch mal ein bißchen mehr mit den Seelen der Seligen verkehren würden, anstatt dauernd gräßliche Lieder und Gedichte über Frauen, Melancholie und Politik zu machen — schon allein diese Mischung verspricht ein Gefühl wie beim Zahnarzt —, dann ginge es euch besser, und du müßtest nicht dauernd so hilflos rumblöken. Ihr benehmt euch zum Westen wie Hänsel und Gretel zur Zuckerkuchenhaushexe. Erst knabbert ihr an allen Leckereien rum, laßt euch sogar noch hineinziehen, und dann wundert ihr euch, daß sie euch nur mästen will, um euch anschließend zu verspeisen... Das alles hättet ihr wissen können, wenn ihr euch, statt der Schwermut, dem Sex und der Politik hinzugeben, ein bißchen mehr um außerirdische Belange gekümmert hättet. Denn, wie Valery so richtig meint:

,Der eigentliche, einzige und ewige Gegenstand des Denkens ist das, was nicht existiert. Eine begriffene Sache ist eine gefälschte Sache. Eine Schwierigkeit ist ein Licht. Eine unüberwindliche Schwierigkeit ist eine Sonne.‘“

Also, auf Brüder, zur Sonne, zur Freiheit. Und heute nicht das Wünschen vergessen!

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