: Bonn apart
■ Kabarett Demokratie & Co * Eine Fragestunde im Parlament
Wahrlich, es gibt sie: Sitzungen des Bundestages, aus denen man lernt, wie parlamentarische Kontrolle in unserer Demokratie funktioniert. Und noch öfter, wie sie nicht funktioniert. Zum Beispiel am Mittwoch, als Vertreter der Regierung in einer Fragestunde des Bundestages Rede und Antwort stehen mußten.
Da wollten SozialdemokratInnen u.a. wissen, wieso die Bundesregierung Rüstungsmaterial an Finnland und Uruguay geliefert hat. Hintergrund: Kriegswaffen dürfen nach hierzulande geltenden Grundsätzen nur ausnahmsweise exportiert werden — etwa wegen „besonderer politischer Erwägungen“. Oder wegen „vitaler“, also „außen- und sicherheitspolitischer Interessen der BRD unter besonderer Berücksichtigung der Bündnisinteressen“.
Fragen danach, wo diese Interessen bei Finnland und Uruguay liegen, beantwortete der zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium beispielsweise so: „Die Regierung Uruguays hat gegenüber der Bundesregierung ihr Interesse am Kauf von bestimmtem NVA-Material geäußert.“ Oder so: „Die Bundesregierung hat es angesichts der bekannten außenpolitischen Situation für richtig gehalten und insofern als im vitalen Interesse der Bundesregierung liegend gesehen, Finnland mit diesen entsprechenden Rüstungsgütern auszustatten...“ Oder so: „Das kommt auf die konkrete außenpolitische Einschätzung an, die in jedem Fall durch das Auswärtige Amt gegeben wird und die dann Grundlage der entsprechenden Beschlußfassung des Bundessicherheitsrates ist.“ Oder: „Die Ausnahmesituationen müssen nicht unbedingt bedrohliche Situationen sein. Auch andere Situationen können einen Ausnahmefall darstellen.“
Da die Sozialdemokraten immer weiterbohrten, verlegte sich der Staatssekretär vom Verschweigen aufs Verharmlosen: „Ich möchte gleich noch am Rande darauf hinweisen, daß es sich hier nicht um die Lieferung von militärischem Großgerät handelt, sondern um die Lieferung von Handfeuerwaffen und Munition.“ Den SPD-Politiker Norbert Gansel riß dieses glatte Eigentor des Regierungsvertreters erst richtig vom Stuhl: „Bei Handfeuerwaffen vitale Interessen? Ihr tickt ja wohl nicht richtig!“ Ferdos Forudastan
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen