: Offenes Geheimnis um Atomwaffen
■ Unabhängige sowjetische Tageszeitung veröffentlich Daten über Atomwaffenarsenal der UdSSR/ Atomare Kurzstreckenraketen über ganze Union verteilt
Genf (taz) — Mit der Veröffentlichung eines angeblichen „Geheimpapiers“ hat die als unabhängige Tageszeitung 'Nesawissimaja Gaseta‘ am Wochenende versucht, die öffentliche Diskussion über das sowjetische Atomwaffenarsenal und seine Verteilung auf die einzelnen Republiken weiter anzuheizen. In dem von zwei Mitarbeitern des Moskauer „Instituts für internationale Wirtschaftsbeziehungen“ verfaßten Artikel finden sich Zahlen und Daten, die allerdings so geheim nicht mehr sind: Die UdSSR hatte diese Daten ihrem Verhandlungspartner USA im Rahmen der START-Gespräche mitgeteilt. Danach verfügt die Sowjetunion über 2.519 strategische Atomwaffenträger. Dieses strategische Arsenal setzt sich zusammen aus 1.398 landgestützten Interkontinentalraketen — darunter 321 mobile, 162 strategische Bomber und 62 Atom-U-Boote. Rund drei Viertel dieses strategischen A-Waffen-Arsenals ist auf russischem Territorium oder auf U-Booten mit russischen Heimathäfen stationiert. Die meisten dieser Waffen befinden sich in von Russen bewohnten Teilen der Republik, einige wenige in den Regionen ethnischer Minderheiten — Tatarstan und Nordossetien. Die in Agenturmeldungen über den Zeitungsbericht enthaltene Darstellung, 75 Prozent aller Atomwaffen der UdSSR befänden sich in Rußland, ist falsch. Denn zum Arsenal der bisherigen Sowjetunion gehören noch Tausende von atomar bestückten Artilleriegranaten und Kurzstreckenraketen, die über die ganze Union verstreut sind. In jedem sowjetischen Militärdistrikt gibt es mindestens drei Depots für atomare Granaten.
Auch die von der 'Nesawissimaja Gaseta‘ verbreitete Tatsache, daß 20 Prozent der strategischen Atomwaffenträger in der Republik Ukraine und die restlichen 5 Prozent in Kasachstan und Belorußland stationiert sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Andreas Zumach
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