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RAMBA-ZAMBA-BOMBA Von Mathias Bröckers

Die Zeitspirale hat sich in einen neuen „strange loop“ geschwungen, und nichts ist mehr, wie es war. Der Wind der Veränderung fegt von der mächtigen Sowjetunion bis in die Fußball-Bundesliga — naturkatastrophengleich hat es einen strahlenden Kontinent — den FC Bayern München — hinweggefegt wie weiland Atlantis. Es ist mehr als nur eine einfache Vereinskrise, es ist das Ende einer Epoche. Denn es sind ja nicht nur die Bayern, die auf den 13. Platz abgerutscht sind, ein anderer Stern ist noch viel tiefer gesunken: Borussia Mönchengladbach. Zusammen mit den Bayern bildeten die Gladbacher das Doppelgestirn, unter dessen Einfluß der deutsche Fußball Ende der 60er Jahre zu ungeahnter Perfektion aufstieg, einer Güte, die nach Ansicht einiger Experten seitdem nicht mehr erreicht wurde. Die elegante technische Effektivität des ersten von Betriebswirtschaft und Management gesegneten Bayern-Clubs und die von Fußball-Professor Weisweiler gezüchtete wilde Genialität der Gladbacher „Fohlen“ — zusammengebracht wirkten sie wie Voodoo-Zauber. „Ramba-Zamba-Bomba“ titelte 'Bild‘ sprachlos und balkengroß nach einem berauschenden Fußballfest der Nationalmannschaft. Mit Ramba war Beckenbauer gemeint, der die Position des Liberos neu definierte; Zamba war Günther Netzer, jener blonde Hippie-Gott dessen Pässe, wie der 'Tagesspiegel‘ unlängst notierte, „den Geist der Utopie“ atmeten. Ein Zauberer, der immer wieder auch Traumtore fabrizierte — erinnert sei an den Ewigkeitswert seines Treffers im Pokalfinale gegen Köln — und die zentrale Mittelachse dieses magischen Trios bildete, das in „Bomba“ Müller gipfelte, jenem seltsamen Attraktor der Strafraum-Turbulenz, der das Chaos immer wieder in die Ordnung zwang: ins Netz jenseits der Pfosten. Das dribbelnde Genie der Gladbacher und das souveräne Busineß der Bayern — im Bundesliga-Alltag zeigte sich schon bald die pragmatische Transpiration der Inspiration überlegen. Bereits in der 74er Weltmeister-Elf bilden allein die Bayern das Rückgrat, es folgen Meisterschaften in Serie — und spätestens, als mit dem Deutschen Herbst '77 der Geist von '68 niedergedrückt wird, geht auch der Gladbacher Fohlenrevolution die Luft aus. Was fortan an Nachwuchs aus diesem Stall kommt, wird, wie Matthäus, von den Bayern einfach weggekauft — die Ära Kohl beginnt, und die Bayern dominieren die Liga: der totale CSU-Fußball, gradlinig, erfolreich — langweilig. Und wer weiß, wie lange er uns erhalten geblieben wäre, hätte nicht ein quasi-kommunistisches Kollektiv, die „Roten Teufel“ vom Betzenberg, im letzten Jahr den Umsturz erzwungen. Seitdem ist nichts mehr, wie es war, die Bayern dümpeln auf dem 13., Gladbach auf dem 18. Platz. Und die Apokalypse dräut, ihr Name: Bayer Leverkusen. Eine Mannschaft ohne Zuschauer und ohne Gesicht, ein seelenloses Firmenteam, das sich anschickt, die Spitze zu erobern. Noch gibt es dagegen ein Prinzip Hoffnung, die Neue Frankfurter Schule mit ihren Vertretern Möller, Bein und Wiesengrund Yeboah — auswärts 6:3 zu gewinnen, das erinnert an beste Gladbacher Zeiten. Doch zu Hause 1:0 durch ein Eigentor zu verlieren, wie vorletzten Samstag gegen Leverkusen, das deutet an, wohin die Reise geht: die kritische Diva vom Main wird's mal wieder nicht schaffen — statt einer neuen Ramba-Zamba- Bomba droht jetzt Pharma — die Tablettenmannschaft aus Leverkusen.

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