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Zu Beginn des Jahrtausends-betr.: "Lieber lesbisch lebensfroh", taz vom 29.10.91

betr.: „Lieber lesbisch lebensfroh“, taz vom 29.10.91

Das Foto zu diesem Artikel ist vom Jahre 1987. Der Artikel selbst anscheinend auch. Diejenige, die tatsächlich zur Eröffnungsveranstaltung der Lesbenwoche gekommen wäre, hätte erkennen können, daß es sich bei dieser Veranstaltung nicht, wie das beim schlampigen Überfliegen des Programms geschieht, um einen historischen Blick auf lesbischen Sex um die Jahrhundertwende handelt. Das Motto hieß: lesbischer Sex um die Jahrtausendwende, und die Hauptveranstaltung dazu stellt einen Umbruch lesbischen Selbstverständnisses und Reflexion in die richtige Richtung dar.

Ganz genau im Gegensatz zu den Vorjahren und -Jahrzehnten, mit denen Klaudia Bruhns immer wieder vergleicht, hat ein Großteil der Lesben endlich viel von der Abwehr und Angst vor Sexualität und der alleinigen Zuschreibung auf dieselbe abgelegt und sich dem Thema gestellt, das unser Leben mehr beeinflußt, als wir wahrhaben wollen, und unsere gesamte Kultur prägt. Dies war der Sprung heraus aus einem Tabu, das sich immer wieder durch konstruierte Nebenkampfschauplätze (SM und Porno) reproduziert.

Die Podiumsdiskussion hat für mich gezeigt, wie wichtig und zugleich schwierig es für uns ist, diesen wichtigen Teil unseres Selbst, der als persönlicher Ausdruck auch meist schweigend dort steckenbleibt, zumindest verbal erst einmal nach außen tragen zu können ohne die Angst, gleich zerfleischt, abgewertet oder bewertet zu werden.

Wir stehen am Beginn eines neuen Jahrtausends, wenn wir es schaffen, die sich jetzt entwickelnden Ansätze eines neuen selbstbewußten lesbischen Selbstverständnisses weiterzuentwickeln. Mit Kopf und Körper. Andrea Thamm, Frankfurt

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