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Auf der Suche nach der verriegelten Zeit

■ Nicht nur November-Thema: Sibylle Schönemanns Dokumentarfilm über ihre DDR-Inhaftierung; ARD, 23.00 Uhr

Vor sieben Jahren wurde aus der DEFA-Regisseurin Sibylle Schönemann die Gefangene „Nummer 41“. Ihre Inhaftierung in verschiedenen Strafvollzugsanstalten der DDR war das Echo auf den Ausreiseantrag, den sie gemeinsam mit ihrem Mann gestellt hatte. 1985 wird sie in die Bundesrepublik abgeschoben, von der alten Heimat ohne die Chance eines Abschieds ausgespuckt. Fünf Jahre nachdem man sie im Rahmen der „Aktion Kartoffelkäfer“ in einen Bus Richtung Westen setzte, kehrt sie zurück.

Ausgerüstet mit Kamera und Tonbandgerät, stellt sie an den Stationen ihrer Gefangenschaft die Fragen, auf die man ihr seinerzeit die Antworten verweigerte. Verriegelte Zeit heißt das filmische Ergebnis ihrer Spurensuche, das mit zahlreichen Preisen gewürdigt wurde. Heute ist das schwarz-weiße Dokument in der ARD zu sehen.

Die Filmemacherin sichtete als Detektivin ihrer eigenen Vergangenheit Akten, Fotos und Briefe vor der Kamera. Im Stasi-Knast, in der U- Haft oder bei Gericht suchte sie die Menschen auf, die damals über ihr Leben bestimmt haben. Den Gefängniswärter auf dem Wäscheplatz, einen Stasi-Offizier oder den ehemaligen DEFA-Chef läßt sie in den geistigen Ablagen ihrer Gehirne kramen. Auch wenn Verriegelte Zeit kein Tribunal geworden ist, steht am Ende ihrer Recherche die bittere Erkenntnis:

„Wen auch immer ich traf, oder wer auch immer sich vor mir versteckte, meine Spurensuche wurde immer mehr von der Gewißheit beeinflußt, den oder die Täter nicht finden zu können, weil es sie nicht gibt. Begriffen aber habe ich, daß es einmal wieder dieses deutsche Geflecht von ,nur‘ ausführenden Befehlsempfängern, einer ,höheren Notwendigkeit‘ Folgenden und Ahnungslosen war, in deren Mechanismus ich gefangen war.“

Wenn Sibylle Schönemann heute über den 9. November nachgrübelt, ist sie beunruhigt. Ist doch der Richter, der sie einst aburteilte, jetzt wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Gericht. Thema seines Arbeitsbereichs: die Beweisführung, daß die DDR kein Rechtsstaat war. Sabine Jaspers

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