Ob und wie gesendet wird, ist noch fraglich

■ Gerichtliches Vorspiel zu „Unter deutschen Dächern“; ARD, 20.15 Uhr

„Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken sind ein großes Geschäft. Hinter mildtätigen Fassaden werden auf Kosten der Allgemeinheit Millionen ,abgeschöpft‘. Es sind Fördergelder, Krankenkassenbeiträge, staatlich verbürgte Kredite...

Während allenthalben von der Kostendämpfung im Gesundheitswesen gesprochen wird, klettern die Kostenim Gesundheitsbereich rasend in die Höhe... Ein Grund: verdeckte Gewinne und komplizierte Firmengeflechte im privaten Krankenhausbereich.“

So kündigt die ARD in ihrer traditionsreichen und oft prämierten Reihe Unter deutschen Dächern eine Sendung an, die bereits im Vorfeld viel Staub aufgewirbelt hat. Denn ob und in welcher Form der Bericht über die Geschäfte eines Sucht-Mittel- Konzerns heute um 20.15 Uhr gesendet wird, ist von einem mündlichen Gerichtsbeschluß abhängig, der nach Redaktionsschluß gefällt wird.

Bereits am 30. Oktober hat die AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft mbH und die GPT Gemeinschaft Psychosomatischer Therapie- Einrichtungen GmbH — Deutschlands größter Suchtklinikkonzern — durch das Landesgericht in Saarbrücken eine einstweilige Verfügung erlassen, die dem Autor Gero Gemballa und der ARD bei Zahlung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 Mark untersagt, den Titel der Sendung Die Abschöpfer zu nennen. Desweiteren darf nicht über „personelle Verquickungen zwischen dem GPT/AHG-Konzern und den Ministerien (Wirtschaft, Finanzen und Gesundheit)“ im Zusammenhang mit den von dem Konzern beantragten Fördergeldern berichtet werden.

Behauptet werden darf auch nicht, „daß die Antragsteller Beteiligte eines Wirtschaftskrimis“, ihre Praktiken „Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen“ seien, sowie, daß gerichtlich festgestellt wurde, die Antragsteller hätten „40 Millionen ,abgeschöpft‘“, daß Patienten länger in Kliniken blieben, damit „sich der Krankenhausaufenthalt rentiert“.

Gero Gemballa erinnert der ganze Vorgang denn auch an die „Einführung der Vorzensur“. Hier soll verboten werden, „öffentlich über die Verwendung öffentlicher Gelder zu berichten“.

In der Tat, geht es doch um einen Bericht, der noch gar nicht gesendet wurde. Worauf stützt sich also die Klage? Seitens des für die Reihe zuständigen Senders Radio Bremen wird vermutet, daß eine mehr als ein Jahr alte sogenannte „Anmeldung zur Featurliste der ARD“, in der die nächsten Projekte knapp skizziert sind, den Klägern zugespielt wurde. Dabei geht diese Liste in Form einer Telex-Rundsendung allein an die Chefredakteure der ARD-Anstalten und den Koordinator der ARD.

Wie wichtig die GPT/AHG- Gruppe die ganze Geschichte nimmt, zeigt aber noch ein anderer Sachverhalt, denn bei der Vorabberichterstattung über den Filmbeitrag ist der Fernsehzeitschrift 'Bild und Funk‘ als auch dem 'Stern‘ verboten worden, sowohl den Titel als auch Fotos zu dem Bericht abzudrucken.

Bei Radio Bremen ist man indessen optimistisch. Der Pressesprecher Jochern Mangelsen jedenfalls geht davon aus, daß gesendet wird. Unter welchen Beschränkungen auch immer. ks.