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Unser Land, unsere Sprache

Uns eint das Zusammensein an diesem Ort. Uns eint der Umstand, daß unsere Großeltern nicht an dem Ort geboren wurden, an dem wir uns befinden. Uns eint die Sprache des Orts, an dem wir uns befinden, weil wir uns mit ihrer Hilfe verstehen können. Uns eint der Umstand, unterwegs zu sein. Uns eint die Erinnerung an einen Ort, von dem wir kommen, eine Erinnerung, die wir lebendig erhalten. Was uns eint, unterscheidet uns auch voneinander. Manchmal so tief, daß wir uns nicht wiedererkennen. Und wenn wir uns definieren müssen, stimmen wir in den Definitionen überein, die man uns zugedacht hat. Also sind wir die Andersartigen, die Exoten, die Ausländer, die Nicht-Deutschen. Wir sind mindestens fünf Millionen in Deutschland und Milliarden in der Welt. Wir sind Migranten. Wir sind vielfarbig. Wir fallen immer aus dem Rahmen. Wenn wir irgendwann einmal diesem Ort, an dem wir uns befinden, den Rücken kehrten, wenn sich dieser Haufen aus Bedürfnissen, Träumen, Sprachen gezwungen sähe, hier fortzugehen, ließen wir ein riesiges Loch zurück, das für immer die Einsamkeit der Zurückgebliebenen markierte, die keinen Fluchtort besitzen. Die besten Ideen sind die der Schiffbrüchigen. Vielleicht lädt uns die taz deshalb ein, ihre Zeitung zu tanzen: In einer Geste, die ihresgleichen sucht, öffnet sie die Türen, damit wir zu Wort kommen. Aber wir sind Millionen. Und eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Daher muß sich das Symbol dieses 9. November verfestigen zu einem Traum, einer Multi-super-inter-ohne- Grenzen-Utopie, die uns erlaubt, das zu verteidigen, was uns vereint mit denjenigen, die mit uns diesen Ort, diese Sprache, dieses Schicksal teilen.Esther Andradi

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