Ertränken gescheitert

■ Die Charlottenburger Wasserballer verloren ihr zweites Bundesligaspiel gegen Bad Cannstatt 14:18

»Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen, haben wir nicht zuletzt deswegen, weil wir wissen, daß alles seine Zeit braucht. So sieht es aus, wenn man die Tatsachen sprechen läßt.«

Erich Honecker

Während die glorreichen Wasserfreunde aus Spandau an diesem Wochenende um frische Europacup-Lorbeeren kraulten, kämpft die andere Berliner Bundesliga- Mannschaft schon nach dem ersten Spieltag gegen den Abstieg. Der Auftakt beim Tabellenführer Rote Erde Hamm war mit 9:20 ein Schlag ins Wasser. Für Trainer Günther Vogel war dies absehbar: »Wir müssen unsere Punkte eben bei den anderen schwachen Mannschaften holen«, erwartete er schon vor dem Spiel gegen Bad Cannstatt aus Stuttgart nicht allzuviel.

Dabei waren die Leistungen seiner Schützlinge im ersten Viertel gar nicht so schlecht: 4:4 stand es, und die 200 Zuschauer begannen bereits zu hoffen. In den nächsten beiden Spielabschnitten aber schwamm kaum noch etwas zusammen bei den Charlottenburgern. Sie vertändelten den Ball bereits im Mittelwasser und verhalfen ihrem Gegner dadurch zu zahlreichen Wurfchancen.

In ihrer Not versuchten die Berliner ihre Gegenspieler dann öfter mit unfairen Mitteln am Gewinnen zu hindern. Mit dem eher harmlosen »Zoppen«, das man im jugendlichen Sturm-und-Drang-Alter so gerne im Freibad praktizierte, hat dies allerdings sehr wenig zu tun. Die Tätlichkeit sieht eher aus wie ein klarer Ertränkungsversuch. Trotz wütender Zuschauerproteste (»Der versenkt sich doch andauernd selbst!«) pfiff der Schiedsrichter mehrmals Strafwürfe für die Stuttgarter. Beliebt sind auch gemeine Fouls im Vorbeischwimmen. Schmerzensschreie gellen dann durch die Halle — wer hat da wen wohin gekniffen? Man kann zwar nichts sehen, aber sich ganz gut was vorstellen.

Nach dem 3.Viertel — es stand mittlerweile 8:14, und Trainer Vogel hüpfte vor lauter Wut wie Rumpelstilzchen durch die Schwimmhalle —, da hatten die Charlottenburger ihr Tief ein wenig überwunden. Es gab schönes Kombinationsspiel zu beklatschen, zahlreiche Pfosten- und Lattenknaller und sechs wunderbare Tore. Allein, es reichte nicht. Die Bad Cannstätter planschten gegen den Liga-Neuling ihre ganze Erfahrung aus und gewannen mit 18:14.

Doch von schlechter Laune keine Spur: »Wir müssen nächste Woche gegen den Mitaufsteiger Poseidon Köln gewinnen«, meinte Trainer Vogel und räumte ein, die beiden ersten Ligaspiele eigentlich als Aufwärmtraining betrachtet zu haben. »Denn auch an die Bundesliga muß man sich erst mal gewöhnen.« Seine Jungs mußten dann nach dem Spiel noch die Halle aufräumen, denn sie sind lupenreine Amateure. Kilometergeld für Auswärtsspiele gibt es nicht, nur ab einer Entfernung über 400 Kilometer dürfen sie fliegen — auf Vereinskosten. Um den Zuschauern Wasserball schmackhaft zu machen, ist der Eintritt bei den Charlottenburgern einstweilen kostenlos... Elke Wittich