piwik no script img

Die Narren sind los

■ Karneval im ZDF, 11.11., 19.30 Uhr

Nicht daß man Innovatives erhofft oder besondere Ansprüche gestellt hätte, aber ein so dumpfer Firlefanz wie dieser liegt im Rennen um die abgeschmackteste Sendung des gerade ablaufenden Jahres ganz vorne: Am 15.Januar herrschte noch prächtige Stimmung und das Kommando „Frohsinn“ ward ausgegeben. Die Generalprobe gelang, und weil's so schön war, schnitt das ZDF gleich mit. Anderntags aber war Krieg, und aus der Live-Übertragung wurde nichts. Man hätte es dabei belassen und Saddam Hussein für den günstig gewählten Termin danken sollen, allein, die Mainzer mochten den Krempel nicht im Regal ruhen lassen und kramten ihn zum 11.11. hervor.

Schon trompeteten wieder die Fanfarenzüge, erschollen Schunkellieder und mit dem Vorschlaghammer geschmiedete Brachialreime durch den gänzlich pointenfreien Raum, hier der auf heiter geschmückte Festsaal der Friedrich- Ebert-Halle in Ludwigshafen, wo sich Stechschrittmacher und Possenreißer aus ganz Deutschland ein Stelldichein gaben. Zeremonienmeister Rolf Braun scherzte und herzte sich durchs Programm und bestimmte mit seinem Einstandsliedchen gleich den Kurs: „Die Begeisterung/ erhält uns jung/ und gibt uns Schwung.“ Welche Kappe man trägt, so der Narrenführer launig, sei ganz egal, „entscheidend ist ja der Kopp, der drunter ist“. Der seine, auf feistem Doppelkinn federnd gelagert, taugt nun nicht gerade zum Schönheitsideal, aber zum Schaumschlagen reicht es aus: „Ach, bin ich wieder in Form heute“, tönte es aus selbstgefälligem Munde, der allemal die rechten Worte fand, das Berliner Prinzenpaar Gerhard II. und Barbara willkommen zu heißen, wobei der gute Gerhard vom Gewicht seiner Amtskette dermaßen niedergedrückt wurde, daß er kaum aus der Kutsche fand.

Die meist reaktionär angehauchten Büttenredner sind harmlos geworden zu Zeiten der CDU-Regentschaft. Bezeichnend, daß ein neunjähriges Mädchen mit einem Text über Kinderträume in die Juxkanzel geschickt wurde, um das Publikum zu rühren. Wenn denn doch einmal Politisches zur Sprache kam, wie beim Vortragskünstler Werner Beidinger, dann hatte das schon leicht bräunliche Farbtupfer, ging gürtellinienunterschreitend gegen Gysi, Grüne und gerne auch auf Kosten von Frauen. Nicht neu, aber die einzig gelungene Nummer war der Heino- Contest der „Spaßmacher-Company“. Schade, daß nicht anstelle von Tony Marshall auch noch Roy Black mit Roberto Blanco im Duett singen konnte... Herr Dittmeyer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen