Simbabwe flieht vor dem sozialistischen Monster

Auf seinem Staatsbesuch in Deutschland sucht Präsident Robert Mugabe Unterstützung für die Abkehr vom Sozialismus/ Die weltbankinspirierte Strukturanpassung äußert sich in Massenentlassungen und Kürzung der Staatsausgaben  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) — Vor elf Jahren war Robert Mugabe noch ein Bürgerschreck. „Marxisten herrschen in Rhodesien“, titelte der konservative englische 'Daily Telegraph‘ 1980, als der damalige Guerillaführer die freien Wahlen gewann, aus denen das unabhängige Simbabwe hervorging. Doch der seitherige Präsident spricht jetzt nicht mehr vom Sozialismus. Marktwirtschaft und Demokratie sind die Leitworte seines dreitägigen Staatsbesuchs in Deutschland, der heute zu Ende geht.

Simbabwe braucht Geld, und zwar viel und schnell. 15,9 Milliarden Dollar wird das auf fünf Jahre angelegte Strukturanpassungsprogramm kosten, das Anfang dieses Jahres offiziell anlief. Das weltbankinspirierte Mammutwerk soll Simbabwe bis 1995 den Sozialismus austreiben und ausländische Investoren anlocken. Das Wirtschaftswachstum soll vom bisherigen Jahresdurchschnitt von 3,3 Prozent auf über fünf Prozent steigen. Die Regierung will ihr Haushaltsdefizit von derzeit zehn Prozent des Bruttosozialprodukts auf fünf Prozent senken.

Bislang zeigen sich potentielle Geldgeber zögerlich bei der Unterstützung dieser Ziele. 2,4 Milliarden Dollar auswärtige Finanzhilfe möchte die simbambwische Regierung; bislang sind 700 Millionen versprochen, und auch die lassen auf sich warten. Die bundesdeutsche Zusage von je 15 Millionen Mark in diesem und im nächsten Jahr fällt hier kaum ins Gewicht.

Bei seinen Gesprächen in Bonn — unter anderem mit Entwicklungshilfeminister Spranger — erklärte Mugabe, die Devisenreserven seines Landes reichten nicht aus, und klagte über die ausbleibende Hilfe. Die Bonner Reaktion: Man könnte die für 1992 vorgesehene Tranche von 15 Millionen DM ja schon dieses Jahr auszahlen. Am 21. November sollen in Bonn Verhandlungen über die zukünftige deutsch-simbabwische Kooperation beginnen. Weizsäcker und Kohl lobten Mugabe derweil in hohen Tönen und versprachen, man werde Simbabwe helfen.

In Simbabwe selbst wird mittlerweile gespart. Der Haushaltsentwurf für 1991/92 sieht drakonische Einschnitte vor. Die Staatsausgaben sinken real um etwa fünf Prozent, ein Viertel der Staatsangestellten wird entlassen. So fürchtet die Jugend um ihre Zukunft. Während Mitte Oktober in Harare der Commonwealth- Gipfel stattfand, ging die Polizei mit Tränengas gegen demonstrierende Studenten vor.

Doch die Regierung gibt sich optimistisch. Heute beginnt in Harare eine Computermesse für das südliche Afrika, am Sonntag ist die Metallindustrie dran. Lebensmittelexporte nach Europa sollen die Handelsbilanz verbessern. Geplant ist unter anderem der Bau einer Straußenfleisch-Verarbeitungsfabrik nach EG-Standard.

Finanzminister Chidzero, der sich übrigens große Hoffnungen auf den freiwerdenden Posten des UNO- Generalsekretärs macht, schwang sich bei der Budgetpräsentation bereits in lyrische Höhen: „Wie die alten Seefahrer, die ihre Schiffe zwischen Scylla und Charybdis hindurchsteuerten, segeln wir mit unserem Reformschiff zwischen dem Seemonster des Zweifels und der Ignoranz und dem Strudel der Ungeduld oder der Unfähigkeit.“