: Kuwaiter verstoßen vergewaltigte Frauen und ihre Kinder
Kuwait (afp) — In Kuwait machen sich immer mehr Spätfolgen der irakischen Besatzung bemerkbar: Die Kinder der irakischen Vergewaltiger werden geboren. Das Dasein dieser „Bastarde der Invasion“, wie ein einheimischer Arzt sie nennt, wird in der von Männern dominierten kuwaitischen Gesellschaft verdrängt. Um die unerwünschte Hinterlassenschaft nicht wahrnehmen zu müssen, verschließt die Öffentlichkeit die Augen — und verstößt die Mütter wider Willen.
Ehemänner, Väter und Brüder traktieren ihre unglücklichen Frauen, Töchter und Schwestern mit Worten und Fußtritten. Diese wissen nicht mehr ein noch aus. An Abtreibung ist nicht zu denken. Der Islam läßt Schwangerschaftsunterbrechungen nur zu, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Ärzten, die dieses Gebot mißachten, drohen langjährige Haftstrafen. Allein in diesem Monat werden in Kuwait voraussichtlich mehr als 1000 Frauen die Kinder der Soldaten Saddams zur Welt bringen.
Doktor Kassem el Sarraf, Psychologe an der Universität von Kuwait- Stadt, schätzt die Zahl der während der siebenmonatigen Besatzung mehrfach vergewaltigten Frauen und Mädchen in Kuwait auf 5.000. „Die meisten sind aufs tiefste gedemütigt und traumatisiert“, sagt er. Viele von ihnen haben ihr Kind mittlerweile zur Welt gebracht. Doch damit ist die „Schande“ nicht vorbei. Denn Familie, Freunde und Nachbarn zeigen sich auch gegenüber den Babys unerbittlich. Mit Mutter und Kind ohne Vater will niemand etwas zu tun haben.
Von Scham und Verzweiflung getrieben, setzte manche Kuwaiterin ihr Kind schon vor Krankenhäusern oder Moscheen aus. Es wird dann in der Regel in staatlichen Waisenhäusern großgezogen. Andere Frauen halten den Terror nicht bis zur Geburt aus und nehmen sich das Leben. „Wer genug Geld hat, verläßt das Emirat, um im Ausland abzutreiben“, sagt die Psychologin Fawsija el Deri, die in einer psychiatrischen Klinik arbeitet. „Hunderte“ ihrer Patientinnen hätten diesen Ausweg aus der Hölle gewählt. Andere, tiefgläubige Frauen hätten sich dagegen für ihr Kind entschieden — trotz ihres körperlich und seelisch bedauernswerten Zustandes.
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