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Studenten warten auf ihre Professoren

■ Die Einrichtung eines Instituts für Altertumskunde an der Humboldt-Universität ist immer noch nicht gesichert/ Wissenschaftsverwaltung: Klassische Philologie gehört nicht zum Erneuerungsprogramm/ Improvisiertes Lateinisch

Mitte. Mit der Erneuerung des Fachs »Klassische Philologie« an der Humboldt-Universität hat es der Wissenschaftssenator offenbar nicht besonders eilig. Vier Wochen nach Semesterbeginn wissen die rund 80 Latein- und Griechischstudenten immer noch nicht, ob sie eine der von den Gastprofessoren angebotenen Veranstaltungen besuchen können.

Anfang August hatte Rektor Fink im Rahmen des Hochschulerneuerungsprogramms Stellen für drei Gastprofessoren und eine Dozentin in den Fächern Latein, Griechisch und alte Geschichte beantragt. Bisher ist noch keine dieser Stellen bewilligt worden.

Der Wissenschaftssenator hatte den Antrag mit der Begründung abgelehnt, die klassische Philologie gehöre nicht zum Hochschulerneuerungsprogramm. Wenn das Kontingent des Hochschulerneuerungsprogramms nicht ausgeschöpft ist, könnten vielleicht ein oder zwei Stellen eingerichtet werden, schätzt die Wissenschaftsverwaltung.

Seit 1968 existiert die Altertumskunde praktisch nicht mehr. Mit der dritten sozialistischen Hochschulreform wurden die Traditionswissenschaften an der Humboldt-Universität, die mit so bekannten Namen wie Theodor Mommsen und August Boeckh verbunden sind, abgeschafft. Erst vor drei Jahren wurde wieder ein Lehrstuhl für Altphilologie besetzt, doch der damals von staatlicher Seite berufene Professor deckte nur das Fach Altgriechisch ab.

An dieser Situation hat sich bis jetzt nichts geändert. Für die etwa 40 Lehramtsstudenten mit dem Hauptfach Latein ist ein ordentliches Studium nicht gewährleistet. Latein werde an der theologischen Fakultät angeboten, da könne man improvisieren, argumentiert die Wissenschaftsverwaltung.

Die zögerliche Erneuerung des Studiengangs klassische Philologie scheint jedoch noch einen anderen Hintergrund zu haben. Kurz nach der Wende hatten in eigener Regie einige Altertumswissenschaftler von der Akademie der Wissenschaften zusammen mit den Professoren Hermann Funke aus Mannheim und Hans-Joachim Gehrke aus Freiburg ein Konzept für ein neues Institut für Altertumskunde entwickelt. Nach ihren Vorstellungen sollen die Fächer klassische Philologie, alte Geschichte, die antike Philosophie und Religion in einem Fachbereich vereinigt werden.

Mit einer solchen Erneuerung verbinden einige Altertumswissenschaftler der Akademie der Wissenschaften die Hoffnung, daß sie über Wissenschaftsintegrationsprogramme wieder an der Humboldt- Universität lehren können, zumal die Akademie Ende des Jahres aufgelöst wird und die Zukunft vieler Wissenschaftler noch ungewiß ist. »Wenn der Senator meint, die Altertumskunde sei nicht zu erneuern, brechen unsere Anträge auf Integrationsprogramme zusammen«, meint die Althistorikerin Isolde Stark von der Akademie der Wissenschaften.

Inzwischen hat die Landeshochschulstrukturkommission den Plan eines Instituts für Altertumskunde ausdrücklich befürwortet. Er bedürfe allerdings noch einer gründlichen Überarbeitung, meinen die Kommissare. Die Wissenschaftsverwaltung befürchtet, daß sich Arbeitsschwerpunkte mit der Freien Universität doppeln könnten und möchte auf jeden Fall verhindern, daß über Gastprofessoren jetzt schon vollendete Tatsachen für ein zukünftiges Institut für Altertumskunde geschaffen werden. Schließlich haben zwei der beantragten und abgelehnten Gastprofessoren, nämlich der Altphilologe Funke und der Althistoriker Gehrke, bereits im letzten Semester Aufbauhilfe geleistet. Burgel Langer

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