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VS-Chef für Potsdam

■ Der Karlsruher Bundesanwalt Pfaff wird Verfassungsschutz-Chef in Brandenburg

Berlin (taz) — Der bisher für die Auseinandersetzung mit der Rote Armee Fraktion (RAF) zuständige Karlsruher Bundesanwalt Wolfgang Pfaff wird erster Verfassungsschutz-Präsident im Land Brandenburg. Pfaff, der über das Parteibuch der SPD verfügt, war bereits seit längerem für dieses Amt im Gespräch. Bisher allerdings sperrte sich der Bonner Justizvorsteher Klaus Kinkel (FDP) vehement gegen den Transfer von Karlsruhe nach Potsdam.

Pfaff sei bei der Bundesanwaltschaft unabkömmlich, meinte der Minister. Nun sei ein Kompromiß gefunden, hieß es gestern im brandenburgischen Innenministerium, der es dem Juristen erlaubt, einen Teil seiner bisherigen Aufgaben auch von seiner neuen Position aus fortzuführen.

Nach dem Skandal um die forsche Eigeninitiative der Potsdamer FDP-Abgeordneten Rosemarie Fuchs bei der Durchleuchtung des designierten Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert (Grüne) hatte Innenminister Alwin Ziel (SPD) offenbar eine rasche Besetzung des vakanten Verfassungsschutz-Postens betrieben. VS-Aufsteiger Pfaff gerät im ampelregierten Brandenburg in eine etwas unübersichtliche Situation: Bisher gilt dort ein Vorschaltgesetz für den Verfassungsschutz, das — einmalig in der Republik — die Verwendung nachrichtendienstlicher Mittel (also etwa den Einsatz von V-Leuten, Wanzen, Observationen und Telefonüberwachung) explizit ausschließt.

Allerdings hat der gegenwärtige „Aufbauleiter“ des Potsdamer Amtes für Brandenburg bereits angekündigt, diese Bestimmung werde im endgültigen Regelwerk ersatzlos gestrichen. Ministeriumssprecherin Helga Wanke assistierte gestern dieser Position mit der Bemerkung, „der Löwe dürfe nicht zahnlos bleiben“.

Daß es beim zahnlosen Löwen bleibt, wünscht sich ganz heftig der Koalitionspartner Bündnis90/ Grüne. Der könnte nun Unterstützung von unvorhergesehener Seite erhalten: vom designierten Amtschef selbst.

Der als Vertreter einer liberalen Linie geltende Pfaff hat bereits zu erkennen gegeben, daß ihm die nachrichtendienstlichen Mittel „überhaupt nicht wichtig“ seien. Ein moderner Verfassungsschutz müsse vielmehr eine „politische Behörde“ sein als ein Geheimdienst. Gerd Rosenkranz

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