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Bräutigam: DDR überschätzte Einfluß auf Bundesinnenpolitik

Bonn (dpa) — Die DDR-Führung hat nach Ansicht des ehemaligen Leiters der Ständigen Vertretung Bonns in Ost-Berlin, Hans-Otto Bräutigam, ihren Einfluß auf die bundesdeutsche Innenpolitik überschätzt. Die Versuche, Einfluß zu nehmen, seien „naiv“, aber nicht sehr ernsthaft gewesen, sagte Bräutigam, der die Vertretung von 1982 bis 1988 leitete, vor dem Schalck-Untersuchungsausschuß gestern in Bonn. Für die DDR sei es immer darum gegangen, ihre Ziele zu erreichen, „mit wem auch immer“. Nach dem Regierungswechsel von der SPD zur CDU im Herbst 1982 habe sie der sozialliberalen Koalition „keine großen Tränen“ nachgeweint. Die DDR-Führung habe zwar nach außen eine Präferenz für eine sozialliberale Koalition gehabt, in Wahrheit sei es ihr aber gleich gewesen, mit wem sie verhandelt habe. Das Mißtrauen gegenüber den Sozialdemokraten habe innerhalb der SED-Führung noch sehr tief gesessen. Nach dem Regierungswechsel seien die Verhandlungen mit der DDR über Sachthemen zunächst unterbrochen und erst 1983 wieder aufgenommen worden. Für die DDR habe zunächst eine große Unsicherheit geherrscht, ob die neue Bundesregierung auf der bis dahin geltenden Grundlage im innerdeutschen Verhältnis weiterverhandeln werde. Über die Rolle des ehemaligen DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski sei er nicht vom Bundesnachrichtendienst (BND) informiert worden, sagte der heutige Justizminister Brandenburgs. Schalck sei ihm durch sein „sehr merkwürdiges Verhandlungsgebaren aufgefallen“, sagte Bräutigam. Dazu habe beispielsweise das „übertriebene“ Geheimhaltungsbedürfnis gehört.

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