Enthaltsamkeit schadet

■ Betr.: „Ampel-Koalition verspielt SPD-Bundesratsmehrheit“ — taz-bremen vom 29.10.91

Die Vereinbarung, daß sich die 3 VertreterInnen Bremens im Bundesrat bei strittigen Fragen der Stimme enthalten, hat zur Folge, daß die derzeitige knappe Mehrheit der SPD-geführten Länder nicht mehr existiert. Die Stimmenthaltung führt nicht dazu, daß geplante Gesetze aufgehalten werden können und kommt daher einer Zustimmung gleich. Die Bonner FDP wird es sich sicher nicht nehmen lassen, entsprechenden Druck auf ihre Bremer Kollegen auszuüben, damit die Gesetze der Bundesregierung den Bundesrat passieren können.

Allein bei den geplanten Gesetzesentwürfen zur Pflegeversicherung und zum § 218 ist diese Vereinbarung unverantwortlich und hat für die davon Betroffenen katastrophale Auswirkungen. Sie führt dazu, daß die GRÜNEN gezwungen sind, die Politik der Bundesregierung indirekt mitzutragen. Dies dürfte weder für die WählerInnen noch für die grüne „Basis“ vorstellbar, geschweige denn tragbar sein. Auch die SPD-WählerInnen dürften damit ihre Schwierigkeiten haben.

Mir ist nicht begreiflich, warum SPD und Grüne die Bundesratsmehrheit überhaupt für verhandelbar erklären. Zur Erreichung einer Mehrheit in der Bremer Bürgerschaft ist die Beteiligung der FDP an der Koalition nicht notwendig und mit diesem Verständnis sollten die Verhandlungskommissionen von SPD und Grünen auch die Gespräche führen.

Ulrike Bachmann, Bremen