: Wie es wieder einmal nicht geklappt hat
■ Von Michael Scholz
So gegen 22 Uhr segelte ich in einer Bierkneipe in der Lützowstraße ganz sanft ein. Die Strapazen und Aufregungen des herbstlichen Tages waren schon mit dem einen oder anderen Pils vorher hinweggespült. Übernachten, ich war ja in Berlin nur zu Besuch, konnte ich bei einer Bekannten. Es war also alles für den ruhigen, sanftseligen Ausgang des Tages geschaffen und man konnte an die Erfüllung des Restes gehen.
Der Wirt plauschte mit einem schon älteren Pärchen, welches am Tresen sich befand. Sonst war im Gastraum nur noch ein weiteres, jedoch jüngeres Pärchen am Tische und rief ab und an was zum Wirte hin, auch mitzumischen.
Ich ließ am Tresen mich nieder und es wurde auch gleich ein Pils bereitet. Die Dame und der Herr am Tresen tranken um diese Zeit schon fast im Sturm und die Unterhaltung wurde recht laut und deutlich geführt. Sicher hatten auch sie einen harten Tag abzurunden und ich befand mich also in recht gemütlicher Gesellschaft, denn in die Unterhaltung wurde ich fest mit einbezogen. So stellte sich meine Stadtfremdheit sehr schnell heraus, wohl auch an meiner Aussprache, komme ich doch aus dem Sächsischen.
Das Gespräch glitt über verschiedene mehr oder minder große welt- und stadt- sowie straßenpolitische Probleme und landete natürlich beim Alkohol ganz sicher. Dieser wurde in imposanten Mengen an diesem Abend von uns am Tresen, samt Wirt, verzehrt. Zum Pils wurde bald auch Cognac gereicht, die Stimmung nicht etwa absinken zu lassen und auch ich wurde immer lauter und redseliger.
Mitten in unserem innigen Plausch fiel's mir wieder ein, ja schlug mir mein Versäumnis krachend wieder ins Hirn — das war ja nun wiederum sehr verwunderlich auch, daß ich das mit meinem alkoholigen Dumpfschädel überhaupt noch zu schnallen in der Lage war — hatte ich es also wieder vergessen, wie schon beim letzten Mal!
Also, auch diesmal war es mir nicht gegeben, meinen langgehegten Herzenswunsch mir treulich, traulich?, schaurig? ach egal zu erfüllen. Morgen mußte ich ja schon am Vormittag zurück nach Hause und so blieb da keine Zeit mehr zur Besichtigung. Und heute nachmittag habe ich ganz einfach nicht mehr dran gedacht. Es hatte doch tatsächlich wieder nicht geklappt. Nun ist es sicher nicht das allerwichtigste Problem, galt es ja immer noch den Cognac mit Pils hinunter zu spülen und auch sonst noch anderes mehr. Aber wenn ich doch schon mal hier in Berlin war. Mist.
So muß ich also wiederkommen, im Frühjahr vielleicht? Gut, wär ja auch nicht schlecht. Bis dahin trink ich eben bei uns Cognac oder alternativ Kräuter oder irgendwelchen Dreck und Pils ja sowieso. Und komm doch auf jedenfall wieder her, gut vorbereitet dann, ums nicht noch mal zu verschwitzen, jawohl? Jawohl!
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