DIE FÜNFTE GEWALT — WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL Von Ben Vart

Im Verlag der Ostberliner Wochenpost ist einer der beiden Eigentümer kürzlich unerwartet von Bord gegangen. Anlaß für den anderen Miteigentümer, einen Nachruf zu verfassen. Nun ist Gerd Schulte-Hillen nicht nur ein erfolgreicher Druckerei-Manager, sondern auch der Chef von Gruner+Jahr und hatte als solcher schon öfter die Möglichkeit (z.B. vor einigen Jahren bei der damals neuerworbenen 'Hamburger Morgenpost‘), festzustellen, daß er lieber Geschäftsberichte, dagegen weniger Artikel und erst Recht nicht einen Nachruf auf den britischen Medienzaren Robert Maxwell zu verfassen vermag: „Maxwell lachte gern und herzlich. Und Menschen, die so lachen können, sind keine bösen Menschen.“ Demnächst als Quartals-Vorschlag beim Bertelsmann- Buchklub Schulte-Hillens „Püschologie für Anfänger“? Obwohl er auch etwas übrig hat für Romantisches, Schwülstiges: „Robert Maxwell wurde nach jüdischem Ritus im Licht der untergehenden Sonne auf dem Ölberg begraben mit Blick auf den Tempelberg und die Jerusalemer Altstadt.“ Die Beerdigungen jener Presseprodukte, die G+J jüngst unter die Erde brachte, wurden nicht so würdig ausgestaltet. „Im Fernsehen hatte ich gesehen, wie der von Statur imposante Maxwell den eher schmächtigen Honecker an sich zog und ihn auf die Wange küßte. Das ging mir contre coeur...“ Wenn schon schlicht gedacht, dann wenigstens schön formuliert.

Einst hat der frühere Chef von 'Neue Revue‘ Richard Mahkorn seine Kontakte zum RTLplus-Chef Thoma bemüht, um seine Gattin Erika Berger noch irgendwie unterzubringen. Jetzt gibt Mahkorn als Chefredakteur von Quick sein Bestes — und beweist, daß er in der Familie nicht nur einer Therapeutin fürs Körperliche bedarf: „Asylanten: Linke Chaoten und Stasi-Pöbel schüren den Haß“. Es müssen Autonome und anderes linkes Gesocks gewesen sein, die in Hoyerswerda und Greifswald die Flüchtlingsheime angegriffen haben, denn das nachfolgende Szenario, die Beherbergung von angegriffenen Ausländern, ist eine alte Idee der Baader-Meinhof-Bande und ihrer verbündeten Mordgesellen: „Dies ist ein Plan, der unter dem Code ,Aktion Fluchtburg‘ schon 1986 bei terroristischen Revolutionären Zellen ausgeheckt wurde.“ Und wurden die nicht von der Stasi gelenkt? Richtig: „Ein Plan, hinter dem auch alte Stasi-Cliquen stecken.“ Wer bisher vor einem deutschen Strafgericht als „schuldunfähig“ gelten wollte, brachte einen „Jagdschein“ bei. Demnächst reicht auch die Gehaltsbescheinigung von 'Quick‘.

Auch Bild findet wieder seinen eigenen Ausländer-Dreh — Leserin Rosemarie Wenzel schreibt an das Groschenblatt, um „Rat und Trost von Frau zu Frau“ zu bekommen: „Meine Tochter liebt gegen meinen Willen einen Asylanten — was kann ich tun?“ Das Schicksal meint es nicht gut mit der armen Frau — schön, daß die Briefkastentante Karin Miersch Rat weiß: „Ein kleiner mieser Trick, der auf lange Sicht hilft: Stellen Sie den jungen Mann als Opfer dar, der Hilfe braucht, aus eigener Kraft niemals aus seiner Misere herauskommt. Mitleid tötet bei Frauen fast immer die Liebe.“ Am gleichen Tag im Sportteil: „Vier Gründe, warum Agassi sein (Boris Beckers — d.A.) ,Horror-Gegner‘ ist.“ Und dann folgen zwei.

Steinbach weiß Bescheid: Wer nicht bis drei zählen kann, geht zu 'Bild‘. Wer sich mit „Eins, zwei, viele viele“ zu behelfen weiß, wird Chefredakteur.