: Türkei: Journalist „verschwunden“
■ Hüseyin Toraman am hellichten Tag von „Zivilisten“ entführt
Berlin (taz) — Am Morgen des 25. Oktober verlor sich Hüseyin Toramans Spur. Um 11 Uhr zerrten drei Männer in Zivil den 24jährigen vor seiner Istanbuler Wohnung in einen weißen Renault. Seine Frau, sein Vermieter und ein Nachbar beobachteten die Entführung und notierten sich das Autokennzeichen. Seither gilt der engagierte Journalist als „verschwunden“.
Die Angehörigen und amnesty international befürchten, daß Toraman in den Händen der Polizei ist. Schon lange hatte die Polizei Interesse an ihm. Bereits am 1.Mai dieses Jahres war sein Vater für 24 Stunden festgenommen worden. Der Vater Ali Riza Toraman berichtet, daß er auf der Wache gefoltert und nach dem Aufenthaltsort seines Sohnes gefragt wurde. Jetzt scheint die Polizei des Sohnes habhaft geworden zu sein, der für die linke Zeitung 'Emegin Bayragi‘ arbeitet. Ein ehemaliger Mitgefangener berichtet, daß er Hüseyin Toraman am 30. Oktober auf einer Polizeiwache in Gebze, 60 Kilometer südlich von Istanbul, gesehen habe. Der Journalist habe einen erschöpften Eindruck gemacht.
Doch bei Nachforschungen stießen Angehörige, ein Rechtsanwalt und der Menschenrechtsverein „Insan Haklari Dernegi“ auf Granit: Die Polizei behauptet, nichts mit dem Verschwinden Hüseyin Toramans zu tun zu haben. Auch die Istanbuler Staatsanwaltschaft will nichts wissen. Und das, obwohl die Polizei laut Gesetz verpflichtet ist, die Zustimmung des Staatsanwalts einzuholen, wenn sie einen Gefangenen länger als 24 Stunden festhält.
In ähnlich gelagerten Fällen sind „Verschwundene“ in der Türkei schwer gefoltert worden. Diese Angst haben jetzt auch die Angehörigen von Hüseyin Toraman, der an Asthma und einem Bandscheibenvorfall leidet.
Angesichts der Gefahr, in der Hüseyin Toraman schwebt, ruft amnesty international zu einer „urgent action“ zum Schutz des Verschwundenen auf. In Briefen an die türkische Regierung soll gefordert werden, daß Hüseyin Toraman von seinem Anwalt und seinen Angehörigen besucht werden kann, daß er medizinisch versorgt wird und daß bekannt gemacht wird, ob gegen ihn eine Anklage erhoben wurde. dora
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