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Auflösung und nicht geschlossene Übernahme-betr.: "Kadijevic steht nun im Wort", Kommentar von Erich Rathfelder, taz vom 15.11.91

betr.: „Kadijevic steht nun im Wort“, Kommentar von Erich Rathfelder, taz vom 15.11.91

Ist es journalistisches Unvermögen oder Blindheit auf einem Auge, wenn Erich Rathfelder in seinem Kommentar zum jugoslawischen Bürgerkrieg schreibt, daß alle Privatarmeen „aufgelöst“ werden müssen, um dann im nächsten Satz befriedigt zur Kenntnis zu nehmen, daß die ultranationalistischen kroatischen Söldner „Unter Befehlsgewalt der kroatischen Armee gestellt“ wurden. Die Forderung lautet Auflösung nicht geschlossene Übernahme der Einheiten in Nationalgarde beziehungsweise Armee!

Auf beiden Seiten der Bürgerkriegsfront müssen die den Tschetniks und der Ustascha zugehörigen Söldnerbanden restlos aufgelöst und nicht geschlossen integriert werden. Die geäußerten Zweifel an dem Willen der jugoslawischen Bundesarmee, die Tschetniktruppen wirklich zu disziplinieren, trifft auch auf die kroatische Seite zu. Söldnerbanden passen Politikern beider Seiten ins Propagandageschäft, und sie dienen dem Ziel, die jeweiligen nationalen Minderheiten zu vertreiben. Die Greuel sollen diese zur Flucht veranlassen und möglichen Widerstand im Keim ersticken, dieses Geschäft besorgen dann vor allem „irreguläre“ Einheiten. So können dann Bundesarmee und kroatische Nationalgarde — wie auch die entsprechenden Politiker — behaupten, für solche Greueltaten nicht verantwortlich zu sein.

Terror ist eine Methode der politischen und militärischen Kriegführung, wird also kalt kalkuliert angewandt, darin hat ja gerade Deutschland eine lange Erfahrung. Philippe Ressing, Hamburg

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