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G-7-Vertreter erzwangen Zusagen der Republiken bei Schuldenregelung

■ In Moskau wird jetzt über die Form der Unterstützung verhandelt/ Einige Unterschriften fehlen noch

Moskau (dpa/taz) — Die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G-7) haben den Sowjetrepubliken, die sich nicht an der Regelung der UdSSR-Auslandsschulden beteiligen wollen, mit strengen Maßnahmen gedroht. Das sagte Grigori Jawlinski, stellvertretender sowjetischer Regierungschef, am Mittwoch der Nachrichtenagentur 'interfax‘. Jawlinski hatte zuvor in Moskau an einem Treffen von G-7-Vertretern mit dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow teilgenommen. Diese Zusammenkunft war zuvor wegen der schwierigen Verhandlungen verschoben worden.

Die westlichen Experten diskutieren seit Montag mit den Führungen der verbliebenen zwölf Sowjetrepubliken über Lösungen für die momentane Schuldenkrise der Union. Nach unterschiedlichen Schätzungen benötigt sie bis zum Jahresende etwa vier bis zehn Milliarden Dollar, um vor allem kurzfristige Kredite bedienen zu können. Die westlichen Staaten erwägen, mit einer Finanzspritze den Engpaß überwinden zu helfen, während der Chef der Übergangsregierung, Silajew, einen Zahlungsaufschub vorgeschlagen hatte. Ein Moratorium oder eine Umschuldung stößt auf Kritik vor allem der deutschen Banken, auf die ein großer Teil der Außenstände entfällt.

„Strengste Maßnahmen“ angedroht

Am Dienstag hatten sich neun der zwölf verbliebenen Republiken gegenüber den G-7-Staaten schriftlich verpflichtet, künftig die auf 60 bis 80 Milliarden US-Dollar, etwa 100 bis 130 Milliarden DM geschätzten Auslandsschulden der ehemaligen UdSSR zentral zu bedienen. Zwar hatten die Republikchefs geltend gemacht, die Union habe schließlich auch 150 Milliarden Dollar Außenstände; allerdings dürften die meisten davon (etwa in Kuba und Äthiopien) uneinbringlich sein.

Die Ukraine, Aserbaidschan und Usbekistan weigerten sich, das Abkommen zu unterschreiben. Laut Jawlinski sind die westlichen Industriestaaten USA, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Deutschland nur bereit, mit den Republiken zusammenzuarbeiten, die dem Abkommen zugestimmt haben. Die G-7-Vertreter hätten Gorbatschow erklärt, daß den sich weigernden Republiken bei den wirtschaftlichen Beziehungen mit dem Westen „strengste Maßnahmen“ drohten.

Der usbekische Vize-Präsident Mirsaidow forderte zunächst genaue Zahlen über Schulden und die Fälligkeit der Forderungen sowie über deren genaue Verteilung auf die Republiken. Er kritisierte die G-7-Verhandlungstaktik mit den Worten: „Sie wollen die Frage in ultimativer Form lösen — zuerst wird das Abkommen unterschrieben; dann wird über Kredite gesprochen.“ Standardargument der ukrainischen Regierung ist die Volksabstimmung über die Souveränität des Landes Anfang Dezember; zuvor könnten keine weitreichenden internationalen Vereinbarungen getroffen werden. Wegen des extremen Zeitdrucks könnten die Unterschriften aus Kiew und Taschkent allerdings im Laufe der Woche noch einlaufen.

Die drei baltischen Republiken nehmen als Beobachter teil, sind aber über eine Beteiligung an der Schuldenregulierung gespalten.

SU-Etatdefizit im 4.Quartal: 110 Milliarden

Das Haushaltsdefizit der Sowjetunion im 4. Quartal dieses Jahres wird nach offiziellen Angaben 110 Milliarden Rubel (nach Kommerzkurs etwa 110 Milliarden DM) betragen. Das sagte am Mittwoch der stellvertretende sowjetische Finanzminister Wladimir Rajewski bei einer Sitzung der Chefs der Republiksregierungen in Moskau.

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