piwik no script img

Diestel gibt vor Gericht klein bei

■ CDU-Fraktionsführer hatte den Bürgerbewegungen Verbindung zum Terrorismus angedichtet

Berlin (taz/dpa) — Vor der 27.Kammer des Berliner Landgerichts begann gestern die Verhandlung gegen den CDU-Fraktionsführer im brandenburgischen Landtag und letzten DDR-Innenminister, Peter-Michael Diestel, dem üble Nachrede gegen die frühere DDR- Bürgerbewegung vorgeworfen wird. Mitglieder des Neuen Forums, darunter Bärbel Bohley, Klaus Wolfram, Reinhard Schult und Detlef Grabert, verlangen außerdem von Diestel eine Unterlassungserklärung. Der umstrittene CDU-Politiker hatte im Juni dieses Jahres in einem Pressegespräch behauptet, die „internationale Terroristenszene hat bis in höchste Kreise der DDR-Bürgerbewegung hinein“ Kontaktpersonen gehabt.

Diestel hatte seinerzeit Stasi-Dossiers zum internationalen Terrorismus an den Bundesnachrichtendienst übergeben. Nach eigenen Angaben hatte er von Mai bis zum 3. Oktober 1990 Koffer „voller operativer Vorgänge“ in die Bundesrepublik gebracht. Der Ostberliner Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der das Neue Forum vor dem Landgericht vertritt, erklärte gestern, Diestel habe nur einen relativ diffusen Verdacht geäußert, aber keine Namen genannt. Die Betroffenen hätten daher ein Recht auf eine Ehrenerklärung Diestels. Der Vorsitzende Richter Michael Mauck plädierte indes für eine außergerichtliche Entscheidung: „Die Kammer hat außerordentliche Zweifel, ob hier wirklich die Betroffenheit gegeben ist.“

Zwar nahm Diestel seine Verdächtigungen gegen die vier Mitglieder des Neuen Forums zurück, nachdem seine Rechtsanwältin Frederike Schulenburg mit ihm telefoniert hatte. Der brandenburgische CDU- Fraktionschef bleibt jedoch dabei, im Bürgerkomitee zur Stasi-Auflösung habe es Personen mit Stasi- Kontakten gegeben. Da er jedoch nicht alle Mitglieder des Neuen Forums kenne, könne er eine pauschale Ehrenerklärung nicht abgeben. Richter Mauck vertagte die Sitzung auf unbestimmte Zeit mit unbestimmten Worten: „Wir werden überlegen, wie weiter zu verfahren ist.“ itz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen