: USA verzögern Rückzug aus Südkorea
■ Wegen der Gefahr einer nordkoreanischen Atombombe wollen sie vorerst noch bleiben
Seoul (dpa) — Südkorea und die USA haben gestern in Seoul die zweite Phase des Abzugs von US- Truppen aus dem geteilten Land auf unbestimmte Zeit verschoben. Zuerst müßten die Gefahren und Unsicherheiten des nordkoreanischen Atomprogramms vollständig aufgeklärt werden, begründete US-Verteidigungsminister Dick Cheney auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Seouler Amtskollegen Lee Jong Koo die Entscheidung.
Bei der gegenwärtig noch laufenden ersten Stufe sollen die US-Streitkräfte bis Ende 1992 noch auf rund 36.000 Mann reduziert werden. Die Minister Cheney und Lee verständigten sich bei den 23. Sicherheitskonsultationen, bei denen es unter anderem um neue Militärstrategien gegenüber Nordkorea ging, auch darauf, die konventionellen Streitkräfte in Südkorea zu verbessern und die US-Truppen zu modernisieren.
Pjöngjang soll mit allen Mitteln davon abgehalten werden, Atomwaffen zu produzieren, hieß es in der gemeinsamen Erklärung der Minister. Dabei sollen diplomatische und politische Maßnahmen eingesetzt sowie auch eine verstärkte Zusammenarbeit mit internationalen Organisation wie der UN und der Atomenergiekommission gesucht werden.
Nordkorea soll nach Angaben von westlichen Geheimdiensten heimlich an der Entwicklung von Kernwaffen arbeiten und schon in wenigen Jahren über atomare Schlagkraft verfügen können. Pjöngjang hat diesen Vorwurf zurückgewiesen, sich bislang jedoch geweigert, Inspektoren zur Überprüfung seiner Kernanlagen ins Land zu lassen.
Südkorea und die USA halten inzwischen auch eine Inspektion dieser Anlagen nicht mehr für ausreichend. Der Norden müsse auch davon abgehalten werden, nukleare Wiederaufbereitungsanlagen zu bauen, beziehungsweise bestehende Fabriken wieder demontieren, sagte Cheney am Donnerstag in einem Gespräch mit dem Seouler Außenminister Lee Sang Ock. Zur friedlichen Nutzung der Kernenergie brauche man diese plutoniumerzeugenden Fabriken nicht, gab Cheney sich im Falle Nordkoreas als Kenner.
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