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Exklusives Rubensimitat

Exklusives Rubensimitat

Bob Young hatte das »90Grad« in der Dennewitzstraße schon zwei Jahre betrieben, ohne daß ihm eine offizielle Erlaubnis dafür vorlag. Irgendwann war Schluß, die Ämter kamen dem Partytreiben auf die Schliche, und der Club wurde im Juli vorübergehend geschlossen.

Dann wurde umgebaut, sämtliche Bauvorschriften erfüllt, Toiletten, Notausgang usw. installiert. Doch nur einen Tag vor der geplanten Wiedereröffnung verwehrte das Schöneberger Wirtschaftsamt Young die endgültige Konzession, weil er den Laden zuvor illegal betrieben habe und somit als Betreiber unzuverlässig sei.

Da Young mit einem sogenannten stillen Partner inzwischen einen Konzessionär gefunden hat, der auch von den Bürokraten anerkannt wird, sind die Pforten des 90Grad seit dem letzten Wochenende nunmehr legal geöffnet. Aber das kostet Geld. Während man früher noch mit fünf Mark dabei war, beträgt der Eintritt heute 15 Mark, inklusive eines Getränks im Wert von fünf Mark.

Der Amerikaner Young achtet bewußt auf Exklusivität. »Open-Door- policy« ist für ihn der falsche Weg. »Wir sind nicht für alle da«, gibt Young die Marschroute aus: »Ich will keine Kids in meinem Laden haben, die gerade mal den Eintritt zusammenkratzen können. Zielgruppe ist dementsprechend eher ein Fashion-Club-Publikum, eben etwas dressiger als anderswo.«

Damit sich die Klientel unter ihresgleichen auch so richtig wohl und geborgen fühlen kann, verteilt das 90Grad an »nette, sympathische Gäste« sogenannte Club-Karten, die kostenlosen Einlaß garantieren.

Die Gäste rekrutieren sich zum großen Teil aus den früheren Aktivitäten Youngs, die dieser sämtlich unter dem Stichwort »Tanzstelle« zusammenfaßt. Seine erste improvisierte Tanzstelle hatte Young 1989 in einem Schuhladen am Hermannplatz untergebracht, und noch im letzten Sommer sorgte die Airbar allwochenendlich für Frischluft-»Entertainment« auf einer Riesenterrasse in der Schöneberger Lützowstraße. Ein Bekannter hatte Young die Kantine des Arbeitsgerichtes für Partyzwecke zur Verfügung gestellt.

Was ist nun dran am 90Grad? Eigentlich nicht viel; die Musik kommt aus recht schmalbrüstigen Boxen, die Wände sind blau, die Drinks werden nicht mehr im Plastikbecher, sondern im Glas gereicht, und hinten in einer Ecke steht eine güldene Skulptur, antik verbrämt, die Arme abgesägt, mit einem rubenshaften Körper. »Ein richtiges Weib, nicht so 'ne perfekte Schönheit«, erklärt der Künstler, Detlef Schulz, der die Diskothek mitgestaltet hat. Ansonsten wird der Club auch schon mal Fremdveranstaltern zur Verfügung gestellt. Sonntags ist Schwulentag, mittwochs sorgen die Gebrüder Meiling für eine abgedunkelte, rauchige Atmosphäre, und auch die Musik ist dann »more jazzy« als sonst. Am Wochenende legen die DJs Bastian und Ralf quer durch sämtliche Stile auf, ziemlich konkurrenzlos, »aber mit Party-Atmosphäre«, wie ihr Chef findet, von Nancy Sinatra bis Deep House, doch meist ist schwarzer Dancefloor angesagt, zwischen Hip Hop, Funk und Soul. Und weil's gerade angesagt ist, verirren sich hin und wieder auch mal Techno-Rhythmen nach Hübscheberg.

Mi.-so., ab 23 Uhr, Dennewitz-/ Ecke Kurfürstenstraße

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