: Schrecken und Schönheit
■ Von Fotos und vom Zündeln — Feuerportraits von Kain Karawahn
Eher unspektakulär mutet die derzeitige Ausstellung in der Galerie »Voller Ernst« an. Doch liegt das weniger an den Arbeiten als an dem Ausstellungsort. Klar und nüchtern, mit dominierender Fensterfront und eingebauter Bar, erinnert der Raum eher an ein leergeräumtes Museumcafé als an eine Galerie.
Kain Karawahns Feuerportraits haben es hier schwer, voll zur Geltung zu kommen. Doch abgesehen vom Präsentationsort, lohnt sich auf jeden Fall ein Besuch, um zu sehen, was eine Zusammenführung von Fotoportrait und Feuer hervorbringen kann.
Malerisch wirken die Arbeiten, fast wie Bildausschnitte von Francis Bacon, obwohl Farbe bei Karawahn keine Verwendung findet. Lediglich eine brennbare Paste wird auf die Schwarzweißfotos gestrichen, dort, wo das Feuer seinen kreativ-zerstörerischen Weg gehen soll. So werden die Flammen gelenkt — soweit das noch möglich ist —, die schon am Portrait nagen.
Neue Münder werden aufgerissen, Haare, ja ganze Schädelstücke fortgebrannt. Zurück bleiben Fratzen, zur Unkenntlichkeit verstümmelte Gesichter. Dennoch wirken diese Bilder nur selten so erschreckend wie das, auf dem eine Person gellend, mit weit aufgerissenem Mund, zu schreien scheint.
Erhaben die Aura, die die Gesichter umgibt — verursacht durch die bronzene Farbtönung, die durch den Rückstand der aufgetragenen und dann verbrannten Paste entsteht. Erhaben auch durch die Eisenrahmung, die die Portraits dermaßen ästhetisiert, daß ihnen jegliche Bedrohlichkeit genommen wird.
Karawahn spielt mit dem Feuer und zeigt sowohl Schrecken als auch Schönheit, die diesem Element eigen sind. In einem 60minütigen Vortrag wird er am ersten Advent einen Einblick in seine lodernden Gedanken geben, die ihn Mitte der achtziger Jahre zu seinem Coming-out als Feuerkünstler gebracht haben. Seitdem kreiert er neben den Portraitarbeiten auch Feuerperformances und Videos zum Thema. Sein nächstes Projekt ist ein Feuermuseum, das er in Berlin errichten will. Kain Karawahn ist halt Feuerkünstler durch und durch. Jens Pepper
Galerie »Voller Ernst«, Innsbrucker Straße 37, di.-so. 12-19 Uhr, bis 31.12.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen