: Ablenkungsmanöver-betr.: "Honecker muß zurück" von Wolfgang Templin, taz vom 18.11.91
betr.: „Honecker muß zurück“ von Wolfgang Templin,
taz vom 18.11.91
Templin scheint bei seiner Forderung nach einem Gerichtsverfahren für Honecker zu übersehen, daß dies wieder von RegierungspolitikerInnen und Medien als Ablenkungsmanöver genutzt werden könnte — und auch von den Ex-DDR-BürgerInnen. Die tatsächlich zu leistende gedankliche Arbeit würde in der Ex- DDR dadurch überlagert werden. Honecker würde als Alleinschuldiger für das DDR-Desaster präsentiert.
Wichtiger wäre es, wenn sich jedeR Ex-DDRlerIn mit der Frage nach den eigenen Irrtümern und Fehlern auseinandersetzen müßte. Es war doch keine Erfindung der Medien, daß Tausende von Jugendlichen vor der SED-Riege im Blauhemd mit brennenden Fackeln aufmarschierten. Es gab doch jene Karriereisten, die das System vehement verteidigten und nun nur ein paar Vokabeln geändert haben, um der neuen Obrigkeit zu frönen (Symbol hierfür dürfte „Betonminister“ Krause sein, der kurz vor dem Umbruch noch das SED-Regime beschönigte).
Wie konnte die menschenverachtende DDR-Ausländerpolitik der Ausgrenzung und Isolierung ohne Protest der Bevölkerung über 30 Jahre durchgesetzt werden?
[...] Wer von Honecker spricht, darf aber nicht von Verfehlungen jedes einzelnen schweigen. Marcus Schwarzbach,
Immenhausen
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