: Keine Paraphierung des Unionsvertrags
■ Sitzung des sowjetischen Staatsrates wurde nach „heftigen Diskussionen“ ohne Ergebnis abgebrochen
Moskau (afp/dpa/ap) — Offenbar wegen Unstimmigkeiten ist die für Montag vorgesehene Paraphierung des neuen Unionsvertrages der UdSSR verschoben worden. Wie die sowjetische Nachrichtenagentur 'Tass‘ berichtete, wurde die Sitzung des sowjetischen Staatsrates am Montag ohne Paraphierung beendet. Nach Angaben des sowjetischen Fernsehens war es am Nachmittag zu „heftigen Diskussionen“ zwischen den Teilnehmern der vorbereitenden Sitzung — dem sowjetische Präsident Michail Gorbatschow und Vertretern von sieben Sowjetrepubliken gekommen. Gorbatschow und die Vertreter Rußlands, Usbekistans, Kirgistans, Kasachstans, Belorussland (Weißrußland), Turkmenistans und Tadschikistans hätten ab Beginn der Sitzung gegen 12.30 Uhr Ortszeit den Versammlungssaal nicht verlassen. Die Ukraine, Moldawien, Georgien und Aserbaidschan haben nach Angaben der sowjetischen Nachrichtenagentur 'Tass‘ nicht teilgenommen. Zu einer angekündigten Pressekonferenz war niemand erschienen.
Über die Bildung einer Union souveräner Staaten auf der Basis eines neuen Unionsvertrages hatten sich die Präsidenten oder ihre Repräsentanten auf einer Staatsratssitzung am 14. November geeinigt. Die Abzeichnung des Dokuments, das den alten Unionsvertrag von 1922 ablösen soll, hätte eigentlich gestern um 13.00 Ortszeit erfolgen sollen. Das Treffen fand im Regierungs-Landsitz Nowo Ogarjowo bei Moskau statt.
Die Nachrichtenagentur 'Interfax‘ meldete, der aserbaidschanische Präsident Ajas Mutalibow habe seine Teilnahme an dem Treffen mit Hinweis auf die schwierige Lage in seiner Republik abgesagt. Weitere Angaben wurden nicht gemacht, der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse hatte aber am Wochenende eindringlich vor der Entfesselung eines Bürgerkrieges zwischen Armenien und Aserbaidschans wegen des Streits um das autonome Gebiet Berg-Karabach gewarnt.
Nach einer Paraphierung müßte der Vertrag noch von den Parlamenten der Republiken ratifiziert werden. Mit Spannung wird das Ergebnis des für Sonntag angesetzten Referendums in der Ukraine über einen Beitritt dieser bevölkerungsreichen und wirtschaftlich starken Republik erwartet. Gorbatschow hat eine Union ohne Ukraine als undenkbar bezeichnet.
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