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Bush eruiert erneut Saddams Sturz

■ US-Administration steht unter Druck/ Frust über unveränderte Macht Saddam Husseins

Berlin (taz/wps) — In den USA mehrt sich erneut die Kritik an der Politik der Bush-Administration gegenüber dem Irak. Wozu der Golfkrieg, wenn Saddam Husseins Machtposition davon nicht einmal angefochten wurde? Das ist die Kernfrage, die vor allem von vielen Demokraten im Kongreß wieder aufgeworfen wird. Wie die 'Washington Post‘ gestern berichtete, reagiert Washington darauf mit erneuter Prüfung von Plänen zum Umsturz von Saddam Hussein. Schließlich rücken die Präsidentschaftswahlen näher, und George Bush macht sich Sorgen, daß die Demokraten seine Chancen auf Wiederwahl erheblich schmälern könnten, indem sie „seinen“ Sieg im Golfkrieg unter Verweis auf Saddam Husseins ungebrochene Macht zum Pyrrhus-Sieg erklären.

Ein potentieller Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, der Gouverneur von New York, Mario Cuomo, der Anfang des Jahres zu den entschiedenen Gegnern des Golfkrieges gehörte, erklärte kürzlich: „George Bush hat den denkbar schlechtesten Deal gemacht: er hat einen Krieg geführt, er hat Menschen getötet — nicht er, sondern der Krieg. Er hat den Krieg gut geführt, aber sein Ziel — Saddam Hussein — hat er verfehlt.“

Mitglieder des Kongresses sprachen sich deshalb dafür aus, eine provisorische Regierung, die aus Widerstandsgruppen von Kurden, Schiiten und Sunniten gebildet werden soll, in jenem Teil des Nordirak zu unterstützen, in dem jetzt noch eine kleine Gruppe von UN-Leuten präsent ist. Grundsätzlich will man mit dem Plan erreichen, daß Teile der irakischen Armee zu den Rebellen überlaufen. Einige Mitglieder des US-Verteidigungsministeriums sprechen sich für eine gegenüber den gegenwärtigen UN-Sanktionen „aktivere Politik“ aus: „Das letzte, was wir wollen, ist ein ,Rhodesien-Effekt‘.“ Dort hat es jahrelang gedauert, bis die Sanktionen gegriffen haben. Manche schlagen auch vor, irakische Widerstandsgruppen offen oder verdeckt durch militärisches Training zu unterstützen und mit Ersatzteilen für ihre Waffen zu versorgen.

Die verschiedenen Pläne werden von einem Komitee geprüft, das dem Weißen Haus direkt unterstellt ist. „Es gibt einen Haufen von Ideen“, sagte einer der beteiligten US-Regierungsbeamten, „und ich kann nicht ausschließen, daß wir auch über aggressivere Vorgehensweisen nachdenken, um Saddam Hussein zu stürzen. Bislang ist keiner der Vorschläge zurückgewiesen worden.“

Grundsätzlich wird die Debatte jedoch von der Einschätzung des US- Geheimdienstes bestimmt, derzufolge ein Scheitern solcher Pläne gewiß wäre: Weder gäbe es den erforderlichen US-Einfluß auf die irakische Innenpolitik noch könne von der für einen Sturz von Saddam Hussein unabdingbaren Zusammenarbeit zwischen den Gruppen des irakischen Widerstandes ausgegangen werden. Zunehmend wird auch kritisiert, daß die Sanktionen gegen den Irak die Falschen treffen: Nur die Zivilbevölkerung leide unter Nahrungsmittel- und Medikamentenmangel. N.C.

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