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Lachhaftes beim ZDF

Serien 1992: Macht Wiedersehen Freude?  ■ Von Ben Vart

Nicht alles Lachhafte ist auch schon Unterhaltung. Und nicht jeder Fernsehzuschauer empfindet bei den (allzu-)netten Familienserien, die das ZDF seit dem zahlenmäßig überwältigenden Erfolg der Schwarzwaldklinik inflationär ausstrahlt, jenes behaglich-dösige Wohlgefühl, das zwar noch lange nicht als Unterhaltung durchgehen kann, aber Entspannung signalisiert. Das televisionäre Feierabendbier eben.

Die Gefahr, daß man einen vorübergehenden, vielleicht sogar nur kurzfristigen Erfolg behende für sich umdeutet in eine große Lebensaufgabe, gar Lebenslüge, ist groß. Anfällig für solche Mißverständnisse sind, so scheint's, auch die Mitarbeiter der erst seit fünf Monaten werkelnden ZDF-Hauptredaktion „Unterhaltung Wort“, die, zusammen mit ihren für alles Show-Mäßige zuständigen Anstalts-Kollegen, für das Entertainment auf dem zweiten Fernsehkanal Verantwortung tragen. Und so schreiben sie, eingezwengt in ein Korsett, daß quantitative Messungen der Zuschauermassen, einige konservative Fernsehräte und konservative Presse ihnen genäht haben, ihre altbackenen Erfolgsrezepte auch im nächsten Jahr fort — will heißen: Serien satt.

Also gibt's eine neue, die zweite Staffel von Der Millionenerbe (mit Günter Pfitzmann) und 13 neue Folgen Mit Leib und Seele über den TV- Pfaffen Günter Strack. Doch auch dessen direkter Draht nach oben könnte eine Programm-Neuerung auf diesem Sendeplatz nach der um fünf Minuten gekürzten Heute-Sendung nicht verhindern — der neue, fünfte Werbeblock (cirka um 19.55 Uhr) wird diese und andere Serien gnadenlos unterbrechen. Ob der Serienheld Strack dann umgeben sein wird von dem für Alkoholika werbenden Promi Strack? Oder ob solche peinlichen Doppler noch jemand wegkoordiniert? Obwohl solche weltliche Anspielung auf die rebläusigen Klosterbrüder auch etwas für sich hätte. Ungewohnte Realitätsnähe zum Beispiel.

Wenn schon die neuen Inhalte in den Serien fehlen und alles noch so wirkt, als würde die Dramaturgie der alten Heimatfilme nur in zeitgemäßen Kostümen dargeboten, dann soll es auch nicht an den gewohnten Gesichtern mangeln. Und so werden wir sie auch 1992 alle wiedertreffen — Thekla Carola Wied und Gustl Bayrhammer (Weißblaue Geschichten) und Günter Pfitzmann (Berliner Weiße mit Schuß) und, und, und. Schade nur, daß man Typen wie Pfitzmann auch in der ARD antrifft, und insofern sich keine reine ZDF- Identität einstellen will — eine Serie wie die andere. Der ZDF-Abteilungsleiter Dr. Claus Beling denkt deshalb über eine kleine Programm- Revolution nach. Nein, nicht über neue Gesichter, sondern darüber, wie er einige seiner Serien-Gesichter vertraglich binden kann. Am Jahresende dann die Nieten auf Transferlisten? Auch Howard Carpendale, der sich, in dem Fernsehspiel Wiedersehen in Kanda, erstmalig als Fernsehschauspieler versucht?

Die Paarung aus Mut- und Ideenlosigkeit zeigt sich auch bei der Neuinstallation von Serienfutter. Bei Felix und zweimal Kuckuck hat man einfach einen DDR-Star eingekauft (Karsten Speck), und beim Szenario der zwölffolgigen Serie Freunde für's Leben gleich, keine Experimente, auf eine ZDF-bewährte Berufsgattung zurückgegriffen: Ärzte. „Es hätten auch Anwälte sein können“, erklärt Dr. Beling. Als ob das eine passable Verteidigung wäre.

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