: Geisthart: Fragen an Schalck ohne Auftrag
Bonn (taz) — Der ehemalige CDU- Volkskammerabgeordnete Ralf Geisthart bestritt am Mittwoch vor dem Schalck-Untersuchungsausschuß des Bundestages in Bonn, den Ex-DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski bei einem vom Bundesnachrichtendienst vermittelten geheimen Treffen im September 1990 in München gezielt nach möglichen Stasi-Verbindungen des damaligen DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière befragt zu haben.
Er erklärte ferner, Schalck nicht im Auftrag des damaligen DDR- Staatssekretärs und heutigen Verkehrsministers Günther Krause aufgesucht zu haben. Eben dies hatten sowohl Schalck selbst als auch der bei dem Gespräch anwesende Münchner Geistliche Rückert vor dem Ausschuß zu Protokoll gegeben. Demgegenüber will Geisthart, der damals stellvertretender Vorsitzender des Volkskammerausschusses zur Auflösung der Stasi war, mit Schalck hauptsächlich wirtschaftspolitische Fragen (Auslandsvermögen, KoKo-Gelder usw.) erörtert haben. Lediglich als Schalck den vormaligen DDR-Außenhandelsminister Gerhard Beil, der damals zum Beraterstab de Maizières gehörte, als Offizier im Besonderen Einsatz (OiBE) bezeichnete, will Geisthart spontan nachgefragt haben: „Und wie sieht es mit dem Regierungschef selbst aus?“ Schalck mußte passen.
Geistharts Auslassungen wurden offenkundig von den Ausschußmitgliedern für völlig unglaubwürdig gehalten. Der Ausschußvorsitzende Horst Eylmann (CDU) ermahnte Geisthart mehrmals eindringlich zur Wahrheit („Machen Sie sich nicht unglücklich“) und drohte eine Gegenüberstellung mit dem Geistlichen Rückert an, zu dessen Äußerungen Geistharts Aussagen „in eklatantem Widerspruch“ stünden. Im weiteren Verlauf der Anhörung, die bei Redaktionsschluß andauerte, räumte Geisthart ein, „in parteipolitische Verwicklungen“ geraten zu sein. Verkehrsminister Krause selbst wird heute nicht wie vorgesehen vor dem Ausschuß Licht ins Dunkel der geheimen Geisthart-Mission in Sachen de Maizière bringen. Der Minister ließ sich kurzfristig wegen Krankheit entschuldigen. thosch
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