: Schulden ohne Reduzierung
■ Die „Leitlinien“ des Koalitionssenats stehen unter dem Finanzierungsvorbehalt
„Ökologie, Ökonomie und soziale Verantwortung“ sollen die „Leitlinien fes Bremer Koalitionssenats“ werden. Mit diesem Motto versuchte der designierte Regierungschef Klaus Wedemeier, dem Ergebnis der dreiwöchigen Verhandlungen einen über die Detailkompromisse hinausreichenden Anspruch zu geben. In elf Schwerpunkten skizzierte er die Themen des Kompromisses.
Punkt eins — Wohnungsbau — schreibt die Planung des alten Senats fest, 16.000 Wohneinheiten sollen bis zum Jahre 2000 neu gebaut werden. Im Sinne der grünen Kritik sollen davon aber „mehr Wohnungsbauten in den bestehenden Siedlungsgrenzen“ errichtet werden, zudem soll der Anteil der Wohnungen für Haushalte mit geringem Einkommen und Wohnungsnotstandsfälle „deutlich erhöht werden“.
Im Bereich Stadtentwicklung ist das grüne Konzept „Stadt am Fluß“ zum Regierungsprogramm gemacht worden. Die Innenstadt soll zur Weser hin geöffent werden, die Martinistraße wird verkehrsberuhigt, an der Schlachte soll ein „offener Freiraum“ für städtisches Leben gestaltet werden. Dem ÖPNV soll deutlicher Vorrang zugestanden werden, die „Entlastung der Innenstadt“ vom Autoverkehr steht unter dem Ziel „Stärkung der oberzentralen Funktion Bremens“.
In der Kulturpolitik darf der Kulturrat mitreden, mehr Geld gibt es aber nicht, bzw. nur schlanke 1,5 Millionen p.a. Im SPD-Wahlprogramm wurde noch „deutliche Erhöhung“ versprochen. Wie im SPD-Wahlprogramm versprochen lesen sich auch die Zielzahlen der Koalition zur Kinderversorgung.
Neu, das wurde auch von SPD-Vorstand Horst Isola ausdrücklich als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen unterstrichen, sind die Absichtserklärungen zur Verwaltungsreform. „Erhöhte Anforderungen“ würden „an die Wirtschaftlichkeit und die Bürgernähe des Verwaltungshandelns“ gestellt, meinte Wedemeier. Mehrere SPD-Senatoren, so hatte FDP- Unterhändler van Nispen in den Verhandlungen mitgeteilt, würden hinter vorgehaltenener Hand die FDP zu einer harten Haltung auch bei der Novellierung des Personal-Vertretungsgesetzes drängen.
Was von dem 800-Punkte-Katalog der Koalitionsvereinbarungen umsetzbar ist, entscheidet sich in vielen Fällen aber erst nach eingehender Prüfung der Kassenlage. „Diszipliniertes Ausgabenverhalten allein wird nicht ausreichend sein, um Bremens Zukunft zu sichern“, steht in dem Finanz-Papier der Koalitionäre. Insgesamt müssen nach derzeitigen Planungen für 1992 und 1993 insgesamt noch 325 Millionen mehr eingenommen oder weniger ausgegeben werden.
1.000 Stellen seien in den vergangenen beiden Jahren neu geschaffen worden, berichtete Ralf Fücks — eine „Altlast“ für die neue Koalition, die mindestens 500 wieder abbauen muß. „Fluktuationsabschöpfung um 2/3“ heißt das verwaltungstechnisch. Die Ostkurve Weser-Stadion „ist gegenwärtig finanziell nicht darstellbar“, heißt es lapidar, und: „Die Unterstützung des Fan-Projektes bleibt davon unberührt.“
Das Konzept „Stadt am Fluß“ darf ganze 5 Millionen pro Jahr kosten, für die Müllrecycling-Politik sollen die Gebühren erhöht werden. Überhaupt Gebühren: Alle staatlichen Dienstleistungen sollen auf Gebührenerhöhung überprüft werden. Volkshochschule, Museen, Sportkurse an der Uni, Parkgebühren, Sonderabfallabgabe, Grundwasserentnahmegebühr, Fehlbelegungsabgabe: Niemand bleibt verschont. Kein Wunder also, daß im Finanzpapier der Vermerk steht: „Schuldnerberatung ohne Reduzierung“. K.W.
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