piwik no script img

Olsen-Bande auf neuen Wegen

■ Bröndby Kopenhagen, Aktiengesellschaft mit fußballerischen Mitteln, kauft sich eine Bank

Kopenhagen (taz) — Dänemarks beliebteste Kinoserie heißt Die Olsen-Bande. In über zehn Filmen versucht der pfiffige Bandenchef Egon Olsen mit Hilfe eines dünnen und eines dicken Trottels, Banken mit dem Tresor „Franz Jäger Berlin“ zu knacken. Natürlich klappt es nie.

Jetzt bringt sich eine Olsen-Bande auf ganz legale Weise in Besitz einer Bank. Dänemarks erster Fußballklub Bröndby I.F. Kopenhagen, Spitzname: die Olsen-Bande (wegen Trainer Morten Olsen), erwarb 21,5 Prozent der Aktien der dänischen Interbank. Klubpräsident Per Bjerregaard will obendrein auch die restlichen Aktien der Interbank erwerben. Dann aber kontrolliert erstmals ein europäischer Fußballverein eine Bank — und nicht umgekehrt.

Die Fußballmannschaft Bröndby I.F. ist im gleichnamigen Stadtteil am Rande Kopenhagens zuhause. 1964 aus einer Fusion hervorgegangen, dümpelte Bröndby jedoch lange Jahre niederklassig vor sich hin. Das wurde erst anders, als sich 1972 Mannschaftsarzt Per Bjerregaard zum Präsidenten wählen ließ. Aus der fünften Division stieg Bröndby langsam nach oben, das Erstligadebüt endete 1982 mit einem Sieg. Danach lag der Klub nie schlechter als Rang 4, seit 1985 meist auf Platz 1. Damit ist der Hunger des Präsidenten noch lange nicht gestillt — das Ziel heißt nach dem vorjährigen Einzug ins UEFA-Cup-Halbfinale: „Sieg in einem Europacup-Wettbewerb, und zwar nicht nur einmal.“

Für die ehrgeizigen Pläne braucht Bröndby, seit Mitte der 80er Jahre Dänemarks erste Vollprofi-Mannschaft, viel Geld. Der Zuschauerschnitt von 7.000 ist zwar für Dänemark hoch, aber zu niedrig für eine europäische Spitzenmannschaft. Zwar zahlen 13 Sponsoren für das Recht, zwei bis drei Spiele im Jahr abwechselnd auf den Trikots zu werben, aber Dänemarks Werbemarkt gibt nicht so viel her wie der eines größeren Landes. Deshalb verwandelte Bjerregaard Bröndby schon Ende der siebziger Jahre in eine Aktiengesellschaft. Nach und nach erhöhte er das Kapital seines Fußball- Konzerns. Waren es 1978 lediglich 30.000 Kronen, so sind es jetzt schon 24 Millionen. Für den Kauf der Interbank geht Bjerregaard aufs Ganze. Das Kapital soll gleich um 48 Millionen Kronen erhöht werden.

„Wir wollen uns nicht von Glück oder Unglück im Fußball abhängig machen“, erklärt der 46jährige Bjerregaard die Bröndby-Philosophie. „Wir wollen auch nicht, daß wie Philips bei Eindhoven oder Fiat bei Juventus Turin der Sponsor den Verein kontrolliert. Wir wollen die Richtung angeben.“ Weshalb die Führungscrew der Bröndby AG es mit dem Handel von Wertpapieren und Aktien an der Börse versucht. 1990 gab es immerhin einen Gewinn von drei Millionen Kronen.

In der Hinterhand hat Bröndby auch ein Hotel. Für 8,5 Millionen Kronen wurde der Gemeinde eine Schule abgekauft, nach dem Umbau für 50 Millionen besitzt Bröndby einen lichtdurchfluteten Komplex mit 78 Hotelzimmern, Fitneßräumen, Squashhallen, Tennis-, Golf- und Fußballplätzen. Dazu kommen noch ein Restaurant, ein Friseur und ein Sportshop.

Das Sagen in geschäftlichen Dingen hat die sogenannte „Bröndby- Mafia“ (so die Tageszeitung 'Politiken‘). Dazu gehören neben dem Präsidenten vor allem Leif Jensen und Finn Andersen, die in Kopenhagen als Börsenfüchse gelten.

Trotz allem ist Bröndby vom sportlichen Erfolg nicht unabhängig. Nach dem Ausscheiden in der zweiten Europapokalrunde gegen Dynamo Kiew purzelte die Bröndby- Aktie unter 250 Kronen. Zu besten Zeiten waren es 360. Außerdem verlor Bröndby schätzungsweise zehn Millionen Kronen Einnahmen. Auch die Aktie der Interbank gab nach, sie fiel von 121 auf 115.

Eine weitere Gefahr droht Bröndby von einem weiteren Hauptstadtverein. BK 1903 Kopenhagen, der unlängst den FC Bayern 6:2 demütigte, fusioniert zur nächsten Saison mit dem zweitklassigen KB Kopenhagen. Vereinspräsident wird ein Herr Benny Olsen, ein Lehrer. Noch eine Olsen-Bande? Falk Madeja

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen